Blitz-Analyse zur NRW-Kommunalwahl: In Berlin sollte nun klar sein, wer Koch und wer nur Kellner ist
Politik-Chefautor Peter Tiede über die Lehren für CDU und SPD
Die Hierarchie in Berlin sollte nach der NRW-Wahl geklärt sein: Koch – Friedrich Merz (69, CDU, l.). Kellner: Bärbel Bas (57) und Lars Klingbeil (47, beide SPD)
Berlin – NRW hat gewählt. Bürgermeister, Gemeinde- und Landräte, Kreistage. Sieger: die CDU. Gewinner: die AfD. Mit ihrem von fünf auf rund 15 Prozent fast verdreifachten NRW-Ergebnis ist die Rechtsaußen-Truppe auch „tief im Westen“ in der Fläche angekommen.
Die AfD: Von Osten kommend, auf ihrem Marsch in die Institutionen? Fest steht schon: Damit wird zumindest in einigen Landesteilen in Lokal- und Regional-Versammlungen an der AfD auch im Westen kaum noch ein Weg vorbeiführen.
Auf dem Weg zum Wichtigen, kurz zu den Grünen: Die Luft ist nach 20 Prozent vor fünf Jahren und drei Berliner Ampel-Jahren mit Baerbock/Habeck erst mal raus. Gestrandet wieder bei der Kernwählerschaft. Ein Grund: Bei den Wählern hat kein Thema so verloren wie „Klima“.
Top-Themen: Wirtschaft und Migration
Und damit zum Problemfall: der SPD. Der Verlust auf den ersten Blick: nicht so krass (rund zwei Prozentpunkte sind weg). Aber der Trend geht nur noch abwärts. 1994 war man noch über 42 Prozent. Und im Bund mühen sich die Genossen an den 15 Prozent ab. Wer da auch jetzt noch glaubt, in einer Volkspartei zu sein, nach Posten, Macht und ins Steuer greifen zu können, wie im seligen „Weißt du noch, damals“, dem wird auch bei zwölf Prozent im Bund nicht mehr zu helfen sein.
Therapie-Rat: Einmal gucken, wohin die Wähler weggelaufen sind – nämlich vornehmlich nach rechts.
Ja, Genossen, das tut weh! Könnte aber helfen bei der Anerkennung der Realität da draußen. Denn die wichtigsten Themen für die Wähler in NRW waren die, die auch den Rest des Landes umtreiben. Es waren: Wirtschaft und Migration. Kein Thema hat so sehr an Bedeutung gewonnen wie die Zuwanderung.
Und schon bei der Bundestagswahl flohen auch deshalb fast 1,8 Millionen Wähler zur Union, 720.000 zur AfD. Warum wohl sind diese 2,5 Millionen Deutsche nach rechts weggelaufen? Bestimmt nicht, weil ihnen die SPD nicht links genug war, wie es Großteile der Partei- und Fraktionsführung tatsächlich glauben.
Helfen könnte auch: Wenn eine Frau versteht, wie ihre Heimat, die mal Herzkammer der SPD war, wählt – Bärbel Bas ist immerhin SPD-Chefin und Arbeits- und Sozialministerin.
Trotz Sieg: Das Brandmauer-Problem der CDU wird größer
Und damit sind wir bei der CDU. Immerhin stabil – sogar mit Tendenz zu einem leichten Plus!
Das CDU-Ergebnis kann ER mit den Leuten an der Lokal- und Regional-Basis wirklich als Erfolg verbuchen: Der auch bundespolitisch allerhöchst ambitionierte CDU-Landeschef und Ministerpräsident Hendrik Wüst (50) steht mit den seinen stabil da – bundespolitisch sogar gestärkt. Klarer Sieg – keine Frage.
Hat den Wahlsieger hinter sich – andere sagen, im Nacken: Kanzler und CDU-Chef Friedrich Merz (69, CDU) und NRW-Regierungschef Hendrik Wüst ( 50, CDU)
Aber auch er darf sich sein großes Stück vom Kuchen holen: Kanzler Friedrich Merz: nicht abgestraft. Bestätigt. Endlich auch mal frohe Kunde für den Sauerländer im Kanzleramt. Aber, auch er muss sich umschauen. Wüst, der Rivale des Kanzlers und des Bayern-Söder, kommt gestärkt aus dieser Wahl – als Zugewinnler!
Und damit zum Wasser im Feier-Wein: Dieses Wahlergebnis macht der Union das Leben nicht leichter. Nicht im Bund und nicht in NRW. Im Gegenteil – ihr gehen in der Mitte und im koalitionsfähigen Links von sich langsam aber sehr sicher die Partner aus. Wie im Osten schon seit Jahren werden sich auch in NRW nun CDU-Kommunal- und Regionalpolitiker die Finger an der Brandmauer zur AfD verbrennen. Im Osten pfeifen sie schon seit Jahren drauf. Und nun im Wüst- und Merz–Land?
Schaute am Samstag noch 3. Liga: SPD-Chefin Bärbel Bas (57) bei ihrem Heimatverein MSV Duisburg. Immerhin: Die „Zebras“ siegten gegen den SV Wehen Wiesbaden 3 : 1
Und damit zum Fazit – der Moral von der NRW-Geschicht: Wenn also diese Wahl ein Stimmungstest für Berlin war, dann muss die Hierarchie spätestens jetzt noch klarer sein. Man mag ja zusammen einen schwarz-roten Koalitions-Laden führen – aber die Kellner heißen Bärbel Bas und Lars Klingbeil.
Der Koch aber ist Friedrich Merz. Und im Zweifel hat der Koch das Sagen. Und er muss es auch mal machen: den Kurs vorgeben. Zur Not sich auch ein Basta leisten.
Denn wohin der Weg der SPD führt: Auch NRW hat es nun gezeigt …
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