Antisemitismus: Verfassungsschutz warnt vor Anschlägen auf jüdische Einrichtungen

Antisemitismus: Verfassungsschutz warnt vor Anschlägen auf jüdische Einrichtungen

Zum zweiten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel hat der Bundesverfassungsschutz vor einer erheblichen Gefährdungslage gewarnt. Der Vizepräsident und designierte Präsident des Bundesamts, Sinan Selen, sprach von einer zunehmenden Hass- und Gewaltbereitschaft gegen Jüdinnen und Juden. Auch die Zahl antisemitischer Beiträge im Internet habe sich signifikant erhöht.

»Wir beobachten, wie in Deutschland Aufrufe erfolgen – teilweise verdeckt, teilweise offen – zu Anschlägen auf (pro)jüdische und (pro)israelische Einrichtungen«, erklärte Selen. »Diese Gefahr darf nicht unterschätzt werden.« Jederzeit müsse mit islamistisch motivierten Anschlägen auf israelische oder jüdische Einrichtungen gerechnet werden , etwa mit Stichwaffen oder Autos. Jüngste Beispiele seien im Februar aufgedeckte mutmaßliche Anschlagspläne auf die israelische Botschaft in Berlin und ein Messerangriff am Holocaustmahnmal.

Am 7. Oktober 2023 griffen Islamisten der Hamas und anderer Gruppen israelische Ortschaften an. Die Terroristen töteten rund 1200 Menschen und entführten mehr als 240 weitere. Das Massaker gilt als Auslöser des Gazakriegs, in dem die israelische Armee große Teile des Gazastreifens zerstörte und Zehntausende Menschen tötete.

Der Verfassungsschutz warnt zum Jahrestag des Terrorangriffs vor propalästinensischen extremistischen Veranstaltungen. Laut Selen versuchen extremistische Gruppen, »das Leid, die Bilder und das Narrativ dieses Konflikts für ihre Ideologien zu instrumentalisieren«. Sie nutzten dabei »den Überfall und die aktuell eskalierende Lage, um ein gemeinsames Feindbild zu schüren: Juden, Jüdinnen und der Staat Israel sind die Projektionsfläche für globale Verschwörungstheorien und Feindseligkeiten«.

Es sei zu erwarten, dass der bevorstehende zweite Jahrestag des Hamas-Angriffs geeignet sei, »weite Teile des Protestspektrums zu emotionalisieren und zur Teilnahme an propalästinensischen extremistischen Veranstaltungen zu bewegen«, warnte Selen, der demnächst die Leitung des Verfassungsschutzes übernehmen soll.

Ein Bericht des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) sieht ebenfalls eine massive Zunahme von Versammlungen mit antisemitischen Inhalten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Vor allem in den sozialen Medien existiere ein »gemeinsamer Resonanzraum für israelfeindliche Propaganda«, in dem Extremisten unterschiedlicher Ausrichtung aktiv seien – so etwa Islamisten und Linksextremisten. Die linksextremistische Szene sei jedoch gespalten: Autonome würden eher proisraelische Positionen, antiimperialistische und dogmatische Linksextremisten dagegen eher propalästinensische respektive antizionistische Positionen vertreten.

Die unerwarteten Allianzen tragen laut Selen zu einer zunehmend fragiler werdenden Sicherheitslage bei. »Antisemitismus und Israelfeindlichkeit erfüllen in Deutschland eine Scharnierfunktion, da sie ideologische Schnittmengen zwischen ansonsten gegensätzlichen extremistischen Milieus bilden.«

Rechtsextremisten instrumentalisierten den Nahostkonflikt hingegen, »insbesondere, um migrationsfeindliche Positionen zu propagieren«. Aus diesem Bereich sei die »Bedrohungs- und Gefährdungslage in Bezug auf antisemitisch und fremdenfeindlich motivierte Anschläge oder Gewalttaten … grundsätzlich hoch«.

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