Der Ehemann eines homosexuellen Lehrers der Rütli-Schule in Berlin–Neukölln ist offenbar über Monate hinweg beleidigt worden. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in dem Fall. Ein Verfahren richte sich gegen einen namentlich bekannten Beschuldigten, ein zweites gegen unbekannt, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. »Es wird wegen Beleidigung und Nachstellung ermittelt.« Zuvor hatten der »Tagesspiegel« und »Correctiv« über den Fall berichtet.
Demnach erhielt der Mann, dessen Partner als Lehrer an der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli arbeitet, zunächst anonyme, häufig nächtliche Anrufe auf sein Handy, ohne dass sich jemand meldete. Später fand sich ein Schreiben mit anzüglichen Beleidigungen im Briefkasten des Paares.
Staatsanwaltschaft ermittelt nach weiteren Tatverdächtigen
»Nach dieser Aneinanderreihung von Vorfällen haben mein Mann und ich die Polizei verständigt«, sagt der Betroffene dem »Tagesspiegel«. Zu Hause fühlten er und sein Ehemann sich nicht mehr sicher. »Ich habe Angst, dass sich das Ganze wiederholt.«
Das erste Verfahren gegen einen Schüler des Campus Rütli sei mittlerweile abgeschlossen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft zum Stand der Ermittlungen. Auskunft über weitere Details sowie zu einem möglichen queerfeindlichen Hintergrund könne er jedoch nicht geben.
Im zweiten Verfahren dauern die Ermittlungen derweil an. Es werde versucht, weitere Tatverdächtige zu ermitteln. »Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sind die aus der Schülerschaft«, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die Rütli-Schule in Neukölln, die heute Campus Rütli heißt, machte bereits 2006 bundesweit negative Schlagzeilen. Damals wurde die Bildungseinrichtung zum Symbol für das Versagen des Schulsystems. Die Schule und die Bildungsverwaltung reagierten auf Anfrage zunächst nicht.
Lehrkräfte schrieben einen Brandbrief über die aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustände, die das Unterrichten teilweise unmöglich machten. Nachdem jahrelang viel Geld investiert und neues Personal eingestellt wurde, galt die Schule später als Vorzeigeprojekt.
Der neue Fall erinnert außerdem an den des schwulen Lehrers Oziel Inácio-Stech an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit. Er wurde nach eigenen Angaben wegen seiner Homosexualität monatelang von Schülerinnen und Schülern gemobbt, beschimpft und beleidigt. Inácio-Stech berichtete damals, muslimische Schüler hätten über ihn gesagt, er werde »in der Hölle landen«. Er hatte sich deswegen an die Öffentlichkeit gewandt. Über seinen Fall war seit dem Frühjahr ausgiebig berichtet worden.