„White Tiger“: Warum uns dieser Fall besonders am Herzen liegt
In sechs Podcast-Folgen sprechen die BILD-Reporter Jan-Henrik Dobers (l.) und Kai Feldhaus über den Fall „White Tiger“
Unser neuer Podcast „White Tiger“ ist manchmal schwer zu ertragen. Weil er sich um Tabu-Themen dreht und weil er tief in menschliche Abgründe führt. Doch der Fall „White Tiger“ ist gleichzeitig ein Fall, der uns – als langjährige Reporter – aufgewühlt hat wie vielleicht noch kein anderer. Der uns besonders am Herzen liegt.
Es geht um Nötigung, um Selbstverletzung und um einen Suizid. Eigentlich berichten wir als Journalisten nicht über eine Selbsttötung. Auch, um der Gefahr einer Nachahmung zu begegnen. Doch dieser Suizid passierte auf Verlangen. Die Staatsanwaltschaft spricht deshalb von einem Mord!
Jahrelang umgarnte hier der Mann, der sich im Internet „White Tiger“ nannte, bei TikTok, Discord und Instagram Kinder und Jugendliche. Er suchte sich seine Opfer in Chat-Foren, in denen auch unsere Kinder unterwegs sind. In denen sie vielleicht genau jetzt surfen, während Sie diesen Text lesen.
Der „White Tiger“ gab sich als Freund dieser Kinder aus. Er schmeichelte ihnen, machte ihnen Komplimente und manipulierte sie so lange, bis er ihnen kompromittierendes Material abgerungen hatte – intime Geständnisse, Nacktfotos.
Dann ließ er die Maske fallen und erpresste seine Opfer. Drohte, sie im Internet bloßzustellen. Zwang sie, vor laufender Kamera ihre Haustiere zu töten, sich selbst zu verletzen – oder sogar, sich das Leben zu nehmen. Einen erst 13 Jahre alten Jungen aus den USA hat er auf diese Weise in den Tod getrieben.
Die Eltern des verstorbenen Jungen (13) baten die Reporter, über das Schicksal ihres Sohnes zu berichten. Seinen Namen möchten sie allerdings nicht in den Medien lesen. BILD hat den Namen im Podcast deshalb in „Tim“ geändert
Was den Fall „White Tiger“ so besonders macht
Die Taten, die dem „White Tiger“ vorgeworfen werden, nennt die Staatsanwaltschaft „einzigartig“. Sie wird den Verdächtigen ganz wahrscheinlich wegen Mordes anklagen. Obwohl sich der mutmaßliche Täter und sein Opfer nie begegnet sind. Im Fall „White Tiger“ könnte also Rechtsgeschichte geschrieben werden.
Doch uns geht es um viel mehr: darum, ein viel stärkeres Bewusstsein zu schaffen für das, was in der weiten und teilweise so dunklen Welt des Internets passiert.
Denn der „White Tiger“ war nicht allein: Er war Teil eines schwer greifbaren Netzwerks von Sadisten, die weiter in Chat-Foren nach ihren Opfern – nach Kindern – suchen.
Was Psychologen Eltern raten
Natürlich können wir nicht alles kontrollieren, was unsere Kinder am Handy tun. Das sollten wir auch nicht. Aber wir wollen sie doch beschützen! Deshalb haben wir für unseren Podcast auch mit einem Psychologen gesprochen, wie man dies als Eltern hinbekommen kann.
Sein Rat: Sprecht mit euren Kindern. Klärt sie auf über die Gefahren, die da draußen lauern. Hört ihnen zu. Wir haben es schon ausprobiert: Es sind keine angenehmen Gespräche, aber sie helfen. Den Kindern und auch uns Eltern.
Und es gibt noch einen Grund, warum wir diesen Podcast gemacht haben: Weil die Eltern des ums Leben gekommenen Jungen uns bestärkt haben, die Geschichte ihres Sohnes zu erzählen. Es ist die Geschichte einer ganz normalen Familie mit ganz normalen Problemen und von Eltern, die glaubten, alles im Griff zu haben.
Hören Sie diese Geschichte in unseren Podcast „White Tiger“!
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