Elversbergs Überflieger
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Bei der Verpflichtung von Younes Ebnoutalib (22) hatte die SV Elversberg mit Sportvorstand Nils-Ole Book ein goldenes Händchen. Mittlerweile sollen sich zahlreiche Bundesligisten mit dem Jungstürmer beschäftigen, der in der letzten Saison noch Regionalliga-Fußball spielte. Mit seinem Hattrick am Sonntag beim 6:0 gegen Fürth erhöhte der gebürtige Frankfurter seine Torquote auf einen Wert, den zu diesem Zeitpunkt nur zwei Spieler in der Zweitliga-Geschichte überbieten konnten.
Dank einer stabilen Defensive mit erst sechs Gegentoren gepaart mit der besten Offensive der Liga arbeitete sich die SVE im ersten Saisonviertel an die Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Das Gesicht zur Erfolgsquote vor dem gegnerischen Tor – 22 Mal knipsten die Elversberger schon – ist das von Ebnoutalib. Er erzielte mit neun Treffern nach den ersten neun Spieltagen mehr als 40 Prozent aller Tore der Saarländer.
In der Geschichte der eingleisigen 2. Bundesliga (ab 1981/82) hatten zu diesem Zeitpunkt der Saison erst zwei andere Spieler häufiger getroffen als jetzt Ebnoutalib; Manfred Burgsmüller erzielte in der Saison 1984/85 am 9. Spieltag schon sein zehntes Tor für Oberhausen, und Simon Terodde hatte beim FC Schalke 2021/22 nach neun Spieltagen schon elf Treffer, zuvor beim 1. FC Köln, 2018/19, sogar schon zwölf Tore zu diesem Zeitpunkt auf dem Konto (zur Statistik: Top-Torjäger nach Spieltagen).
Als die 2. Bundesliga noch in Nord- und Süd-Staffel aufgeteilt war, erzielten zudem Emanuel Günther (Karlsruher SC, 10 Tore), Horst Neumann (Darmstadt, 10), Dieter Schatzschneider (Hannover, 11), Frank Mill (RW Essen, 12) an den ersten neun Spieltagen schon zehn oder mehr Treffer. Horst Hrubesch zählte 1977/78 im Essener Trikot am 9. Spieltag sogar den historischen Höchstwert von 16 Treffern im Unterhaus. Sollte Ebnoutalib auch am zehnten Spieltag treffen, wäre er einer von nur sieben Spielern in der Geschichte der eingleisigen 2. Bundesliga, die zu dem Zeitpunkt schon eine zweistelligen Trefferausbeute sammelten.
Elversberg-Trainer Wagner wollte Ebnoutlalib schon für Hoffenheim
„Er steht da, wo ein Neuner stehen muss“, kommentierte jüngst SVE-Trainer Vincent Wagner die starken Leistungen Ebnoutalibs, den die Elversberger im Januar für lediglich 100.000 Euro vom FC Gießen holten, und der in dieser Saison zweimal einen Doppelpack und nun einen Dreierpack beisteuern konnte. Im Oktober-Update vor knapp zwei Wochen hatte sich sein Marktwert um 900 Prozent auf 1,5 Millionen Euro erhöht. Laut „Bild“-Zeitung soll sich „die halbe Bundesliga“ mit dem Stürmer beschäftigen. Schon jetzt würde seinem Klub ein Preisschild von 6 Millionen Euro vorschweben. Ebnoutalibs Vertrag bei der SVE ist bis 2028 gültig.
„Er ist sehr bescheiden und bodenständig hierher gekommen“, wurde Sportboss Book zu Ebnoutalib vom „Kicker“ zitiert. „Klar, er hatte bis dahin in seiner Laufbahn noch nicht die großen Vereine, nicht die ruhmreichen Stationen und auch sein Italien-Projekt ist nicht super gelaufen, das war für ihn schon eine ganz harte Schule.“ Noch im Jugendbereich war Ebnoutalib, der bis dahin im Nachwuchs von Rot-Weiss Frankfurt gespielt hatte, 2022 zur AC Perugia gewechselt. Durchsetzen konnte er sich dort bei den Profis nicht. Er ging nach Gießen.
„Schon ganz früh bei seinen ersten Einsätzen in der Regionalliga für Gießen waren wir da und haben ihn bei fast jedem Spiel beobachtet“, erklärte Book. SVE-Trainer Wagner erzählte derweil, dass Ebnoutalibs Weg auch zur TSG Hoffenheim hätte führen können. „Wir haben mit Hoffenheim II gegen Gießen gespielt“, sagte der einstige TSG-Nachwuchscoach, „und wir wollten ihn tatsächlich auch gerne holen.“
Stattdessen kann sich die SV Elversberg über den Durchbruch Ebnoutalibs freuen. „Er hat eine sehr seltene Mischung aus physischen und fußballerischen Fähigkeiten“, resümierte Funktionär Book. „Er ist sehr groß, sehr schnell, kann sehr viel laufen, gleichzeitig aber auch dribbeln und abschließen, das ist einfach eine sehr seltene Kombination, die ihn extrem attraktiv macht.“