AwesomeElina und IsyCheesy: Die YouTube-Stars im Doppelinterview

AwesomeElina und IsyCheesy: Die YouTube-Stars im Doppelinterview

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Eine Nacht im Monster-Zoo, 24 Stunden gefangen im Vampir-Schloss, 100 Tage auf einer einsamen Insel: Die Titel der YouTube-Videos von IsyCheesy  und AwesomeElina  klingen nicht immer nach Unterhaltung für Kinder. Praktisch aber sind die beiden auf deutschen Schulhöfen Superstars. Ihre wildesten Abenteuer erleben sie virtuell, meist in den Blockwelten von »Minecraft«.

Auf ihrem Hauptkanal hat IsyCheesy seit Ende 2017 beinahe 1,4 Milliarden Videoabrufe gesammelt, AwesomeElina kommt im fast gleichen Zeitraum auf mehr als 650 Millionen. Damit und mit jeweils über einer Million Kanal-Abos zählen beide zu den erfolgreichsten deutschen Internetstars.

Der SPIEGEL traf die Creatorinnen, die online oft einfach Isy und Elina heißen, bei einem »Women in Gaming«-Event von YouTube in Googles Deutschland-Zentrale in Hamburg. Diese ist für ihre ungewöhnliche Einrichtung berühmt, Bällebad und U-Bahn-Waggon inklusive.

SPIEGEL: IsyCheesy, AwesomeElina, Sie beide machen schon lange hauptberuflich YouTube-Videos. Was nervt am meisten am Image Ihres Jobs?

Isy: Wenn ich sage, dass ich YouTuberin bin, werde ich bis heute ständig besorgt gefragt: »Kann man davon leben?« Einmal die Woche muss ich jemandem erklären: Ja, das ist möglich und ich muss nicht hungern.

Elina: Viele unterschätzen, wie viel Arbeit hinter YouTube steckt. Von außen wirkt es oft, als würde ich einfach nur den ganzen Tag zu Hause spielen. Gerade Leute, die in einem klassischen Bürojob arbeiten, können sich diesen Alltag schwer vorstellen. Ich bekomme dann manchmal sogar gut gemeinte Tipps, wie ich meinen Arbeitsablauf verbessern könnte – obwohl sie gar nicht wissen, wie mein Job eigentlich funktioniert. Außerdem bedeutet YouTuberin zu sein ja auch, selbstständig zu arbeiten. Im Vergleich zu meiner früheren Anstellung empfinde ich das als deutlich belastender, weil man gedanklich nie richtig Feierabend hat. Irgendwas rund um YouTube geht einem immer durch den Kopf.

SPIEGEL: Täglich Videos hochzuladen erfordert viel Disziplin und eine gewisse Vorausplanung. Haben Sie auch mal frei?

Isy: In einer normalen Woche arbeite ich 60 bis 70 Stunden. Ich bin sehr strukturiert und plane meine Aufnahmen mindestens einen Monat vorher. Urlaub mache ich pro Jahr zwei Wochen. Dafür muss ich Videos vorproduzieren.

Elina: Ich arbeite eher so just in time und komme pro Woche auf 40 Arbeitsstunden. Das Wochenende versuche ich mir freizuhalten, oft aber gibt es auch da noch etwas zu schneiden oder zu erledigen. Wenn es bei einer Aufnahme Probleme gab, sitze ich manchmal um 23 Uhr noch am Rechner. Urlaube mache ich eine Woche im Jahr.

SPIEGEL: Auch bei großen Accounts wie Ihren läuft nicht jedes Video gut. Was macht es mit Ihnen, wenn die Klicks mal ausbleiben?

Isy: Mich motiviert das. Wenn es schlechter läuft, weiß ich, dass ich mehr tun muss.

Elina: Mich demotivieren schlechte Zahlen manchmal schon sehr. Früher habe ich, wenn ein Video nicht so gut ankam, immer extra noch einen Short dazu gemacht, ein Kurzvideo. So wollte ich die ausbleibenden Klicks ausgleichen.

»Man sollte sein Leben nicht aus den Augen verlieren, nur weil man diesen Beruf ausübt.«

IsyCheesy

SPIEGEL: Wie groß ist die Gefahr, dass man sich als Creatorin oder Creator zu sehr über Abos, Views oder Likes definiert?

Elina: Ich habe mir Hobbys wie Eishockey und Feldhockey gesucht, in denen ich Menschen treffe, die nicht so fixiert auf Zahlen sind. Ich bemerke oft Unterschiede zwischen Leuten, die ihr ganzes Leben lang nur YouTube gemacht haben, und Leuten, die ein klassisches Arbeitsumfeld haben und sich dort vielleicht auch mal unterordnen müssen.

Isy: Man sollte sein Leben nicht aus den Augen verlieren, nur weil man diesen Beruf ausübt. Viele aus unserer Branche aber verlieren sich wirklich selbst. Sie rücken den Job ins Zentrum ihres Lebens und teilen ständig alle möglichen Sachen. Klar, ich poste auch mal was aus dem Urlaub. Aber man muss sich irgendwo auch selbst schützen.

IsyCheesy stammt aus Norddeutschland und lebt in Bulgarien. Um mehr Privatsphäre zu haben, nahm sie bis 2023 nur Videos auf, in denen ihr Gesicht nicht zu sehen war. Vor ihrer YouTube-Karriere absolvierte sie eine Bankausbildung und arbeitete einige Jahre als Bankkauffrau. Ihr Studium fürs Grundschullehramt brach sie ab, als sie im Netz durchstartete.

Creatorin IsyCheesy: Fast 1,4 Milliarden Videoabrufe auf ihrem Hauptkanal

Creatorin IsyCheesy: Fast 1,4 Milliarden Videoabrufe auf ihrem Hauptkanal


Foto: Michelle Jekel / DER SPIEGEL

SPIEGEL: Sie beide machen Inhalte für ein sehr junges Publikum. Ist es damit leichter oder schwieriger, auf YouTube Geld zu verdienen?

Isy: Definitiv schwieriger. Ist das Publikum älter, kann man schneller Geld verdienen. Meine Kernzielgruppe ist 8bis 14 Jahre alt, und bei mir kommen 55 Prozent der Views über die YouTube-Kids-App. Durch diese Views nehme ich bedeutend weniger Geld ein als mit Views auf dem normalen YouTube.

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Elina: Meine Fans sind meist 11 bis 16 Jahre alt. Manche aber sind schon länger dabei, die sind jetzt vielleicht 20.

AwesomeElina selbst ist 26 Jahre alt und lebt in Niedersachsen, wo sie auch aufgewachsen ist. Mit YouTube fing sie während ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau an.

Internetstar AwesomeElina: Als Ausgleich zum Job spielt sie Eis- und Feldhockey

Internetstar AwesomeElina: Als Ausgleich zum Job spielt sie Eis- und Feldhockey


Foto: Michelle Jekel / DER SPIEGEL

SPIEGEL: Potenzielle Kooperationspartner dürften eher Kanäle mit einem älteren, zahlungskräftigen Publikum interessieren. Welcher war der seltsamste Werbedeal, der Ihnen angeboten wurde?

Isy: Ich hatte mal ein Angebot von einem Hersteller von Herrenrasierern. Keine Ahnung, warum man mich dazu anfragt.

Elina: So eine Anfrage hatte ich auch. Bei mir ging es, glaub ich, sogar um Rasierer für den Intimbereich.

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SPIEGEL: Nach so vielen Jahren mit familienfreundlichem Content: Haben Sie manchmal Sehnsucht danach, vor der Kamera auch über erwachsenere Themen zu sprechen?

Elina: Manchmal wünsche ich mir, mehr mit älteren Zuschauerinnen und Zuschauern zu interagieren. Um die Themen geht es mir dabei gar nicht so sehr. Seit letztem Jahr streame ich ein wenig mehr auf Twitch, dort ist mein Publikum nicht ganz so jung wie auf YouTube. Über den Livechat kann ich dabei viel mehr mit den Leuten reden, denn die haben alle selbst was zu erzählen. Streame ich auf YouTube, steht im Chat vor allem »Kannst du mich grüßen?«, »Wann kommt der und der?« oder »Kannst du das und das spielen?«

Isy: Bei mir gibt es auch ein gewisses Bedürfnis nach Veränderung – und ich habe für die Zukunft auch schon ein paar Dinge in Planung.

SPIEGEL: Wie sehr achten Sie online auf Ihre Wortwahl?

Elina: Auf YouTube sehr. Wenn es mal rausrutscht, ist bei mir ein »Scheiße« das höchste der Gefühle.

Isy: Bei mir ein »Verflixt«.

Elina: Auf Twitch kommt es bei mir auf die Uhrzeit an. Zu Zeiten, in denen Kinder üblicherweise im Bett sind, werde ich da ein wenig lockerer.

»Ich bin grundsätzlich eher dafür, Angebote speziell für Kinder auszubauen, als Verbote auszusprechen.«

AwesomeElina

SPIEGEL: In der Politik wird diskutiert, ob man Kindern unter 16 Jahren Social-Media-Apps verbieten sollte. Je nach Regelung könnte so etwas Ihrem Geschäft schaden, oder?

Isy: Ich weiß nicht, wer was genau plant. Aber die Menge dessen, was Kinder im Netz konsumieren, finde ich auch besorgniserregend. Sorgen macht mir vor allem TikTok, gerade was den Dopaminstoffwechsel im Gehirn von Kindern und die Auswirkungen auf ihre Entwicklung angeht. Dementsprechend fände ich es gut, wenn Kinder weniger Content konsumieren. Und wenn auch wir im Zuge dessen ein paar Aufrufe weniger machen? Also ich könnte damit leben.

Elina: Ich bin grundsätzlich eher dafür, Angebote speziell für Kinder auszubauen, als Verbote auszusprechen. Ich denke da an so etwas wie YouTube Kids. Da wird der Content besser kontrolliert.

Isy: Da bin ich bei dir. Nur die Bildschirmzeit muss, denke ich, irgendwie runtergebracht werden, damit Kinder mehr vom echten Leben haben.

AwesomeElina und IsyCheesy im SPIEGEL-Interview: Das Gespräch fand bei Google in Hamburg statt

AwesomeElina und IsyCheesy im SPIEGEL-Interview: Das Gespräch fand bei Google in Hamburg statt


Foto: Michelle Jekel / DER SPIEGEL

SPIEGEL: Hätten Sie als Teenager genauso auf das Thema geblickt?

Isy: Also ich hatte auch ohne Smartphone eine schöne Kindheit. Mein erstes Handy habe ich mit 17 bekommen.

Elina: Ich hätte das früher anders gesehen, ich hatte zwei ältere Brüder. Dadurch habe ich damals viele Spiele gespielt oder Filme geschaut, die nicht für meine Altersklasse vorgesehen waren.

SPIEGEL: Das klingt nach »Uns hat es ja auch nicht geschadet«.

Elina: Manchmal rutscht mir das raus, dass ich sage: Ja, ich bin ja auch völlig normal. Wobei das manche Leute vielleicht anders sehen … Aber im Ernst: Ein Problem ist doch, dass Kinder trotz Verboten oft Wege finden, an Content zu kommen, für den sie eigentlich zu jung sind.

SPIEGEL: Ein weiteres kontroverses Thema sind KI-generierte Videos. Sind solche Clips für Sie ernsthafte Konkurrenz?

Isy: Gerade Kinder und Jugendliche suchen sich häufig Personen, an denen sie sich orientieren können und von denen sie lernen können. Und dabei ist ihnen vermutlich wichtig, dass das reale Personen sind.

»Es gibt auf jeden Fall Leute, die nur in unsere Branche gehen, um Geld zu verdienen.«

IsyCheesy

SPIEGEL: Stichwort Orientierung: Stimmt es eigentlich, dass Sie beide trotz Ihrer enormen Bekanntheit oft miteinander verwechselt werden?

Isy: Ich wurde noch nie mit Elina verwechselt. Dir passiert das anscheinend öfter mit mir?

Elina: Ja, super oft. Manchmal auch mit einer Kollegin namens Dreemtum. Wir haben alle blonde Haare, selbst bei unseren »Minecraft«-Skins. Und manchmal schwingt vielleicht auch mit, dass wir alle als Sidekicks von irgendwelchen größeren YouTubern wahrgenommen werden oder wurden.

SPIEGEL: Bei Ihnen, Elina, ist damit Ben gemeint, der auf YouTube Benx heißt.

Elina: Ja, in Bens Videos habe ich schon mitgemacht, bevor ich einen eigenen Kanal hatte. Als ich diesen dann 2018 gestartet habe, habe ich binnen einer Woche die 100.000 Abonnenten geknackt. Das war für damalige Verhältnisse sehr krass.

SPIEGEL: Die Nische, in der Sie beide aktiv sind, wirkt in den Videos selbst immer sehr freundschaftlich. Wie geht es hinter den Kulissen zu? Ist vieles nicht auch einfach knallhartes Business?

Isy: Es gibt auf jeden Fall Leute, die nur in unsere Branche gehen, um Geld zu verdienen. Dementsprechend muss man aufpassen, mit wem man sich umgibt.

Elina: Das stimmt. Vielleicht hatte ich wahnsinniges Glück, dass ich mit Ben an einen herzlichen Menschen geraten bin. Wir waren und sind beste Freunde. Aber auch ich kenne Menschen, die auf Anhieb erst mal so wirken, als wären sie einem freundlich gesonnen, während sie nichts von dir erwarten. Im Nachhinein aber stellt man dann doch fest, dass sie nur nett waren, um zum Beispiel von deiner Reichweite zu profitieren.

SPIEGEL: Creatorinnen wie Gnu  oder Anna Gazanis  beklagen sich immer wieder darüber, dass sie von Teilen ihres Publikums stark sexualisiert werden. Machen auch Sie, mit Ihren jüngeren Zielgruppen, solche Erfahrungen?

Elina: So etwas passiert erst, wenn Zuschauer in die Pubertät kommen. Insofern bin ich froh, dass viele meiner Fans noch sehr jung sind. Bei dem Thema muss ich aber an meine Anfangszeit auf YouTube denken. Damals waren Frauen auf der Plattform noch nicht so präsent wie heute. Andere YouTuber – ich schätze Leute Anfang 20 – haben sich dann in Videos über mich ausgelassen. Die haben mich »weibliches Wesen« genannt. Das war völlig abgefahren und hat mich richtig genervt.

SPIEGEL: Was macht so etwas mit einem?

Elina: Manchmal fühlt man sich bedeutungslos oder stellt gar sein Können infrage. Dabei bin ich in den Videos von Ben vorgekommen, weil ich in »Minecraft« gut bauen konnte. Nicht, weil ich eine Frau bin.

SPIEGEL: Erleben Sie auch heute noch Diskriminierung?

Elina: Ja. Vor ein paar Monaten habe ich ein Match gegen einen Mann gewonnen, obwohl fast jeder dachte, dass ich verlieren werde. Aber anstatt dass gesagt wurde, ich hätte gut gespielt, hieß es: Der Andere hatte halt einen schlechten Tag. Diese subtilen Sachen nerven extrem.

Isy: Ich kriege hin und wieder auch sexistische oder sexualisierende Kommentare ab. Nicht von meiner eigenen Community, eher von Männern, die auf Instagram oder über Livestreams auf mich stoßen.

SPIEGEL: Haben Sie auch schon mal unangemessene Kommentare von Vätern bekommen, deren Kinder Fans sind?

Isy: Das ist tatsächlich auch schon passiert. Da ging es nicht um Autogrammwünsche.

»Die Härte und Häufigkeit der Beleidigungen ist bei Frauen oft eine ganz andere.«

AwesomeElina

Elina: Das habe ich zum Glück noch nicht erlebt. Aber dieses ständige Bewertet-Werden im Netz, das ist für mich schon sehr anstrengend.

Isy: Oft ist es auch ein Abgewertet-Werden.

Elina: Das Beleidigen von Frauen wird gern damit relativiert, dass im Netz jeder beleidigt wird, was auch stimmt. Aber die Härte und Häufigkeit der Beleidigungen sind bei Frauen oft eine ganz andere. Ich habe ja den direkten Vergleich mit Ben. Auf jeden Kommentar, der sich um sein Aussehen dreht, kommen bei mir bestimmt Hundert.

IsyCheesy und AwesomeElina: Zwei der bekanntesten Gaming-YouTuberinnen

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Foto: Michelle Jekel

SPIEGEL: Lassen Sie uns zuletzt über ein vermeintlich typisch männliches Influencer-Thema sprechen: teure Autos und teure Uhren. Elina, Sie haben sich neulich für ein Video einen, wie Sie sagten, »fetten Porsche« gemietet?

Elina: Ja. Weil ich Autos einfach ganz cool finde. Privat fahre ich einen VW Passat oder den Tesla meines Partners. Einen Porsche zu fahren, fände ich zwar witzig, aber ich spare momentan auf ein eigenes Haus. Das ist noch cooler.

SPIEGEL: Isy, was für eine Uhr tragen Sie?

Isy: Eine von Emporio Armani für ungefähr 250 Euro. Ich habe die zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ich brauche keine Statussymbole wie eine Rolex oder ein teures Auto, um mich irgendwie besser darzustellen. Ich muss mich auch nicht mit anderen vergleichen.

SPIEGEL: Elina, Sie tragen eine Apple Watch. Ist das die allerneueste?

Elina: Ja – erwischt! Die habe ich mir vor einer Woche gekauft. Aber es ist zumindest keine Rolex.

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