Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben die ersten Ergebnisse des Koalitionsausschusses vorgestellt. SPD und die Union haben sich auf die Einführung eines Industriestrompreises geeinigt. Wie Kanzler Friedrich Merz (CDU) weiter sagte, soll ein vergünstigter Preis von etwa fünf Cent pro Kilowattstunde für die Jahre 2026 bis 2028 gelten. Einig wurde die Koalition auch bei der Kraftwerksstrategie zum Bau von Gaskraftwerken und beim Deutschlandfonds zur Förderung von Mittelstand und wachstumsfähigen Start-ups. Die Koalition will zudem zum 1. Juli 2026 die Ticketsteuer im Luftverkehr senken.
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Merz sprach bei der Senkung der Ticketsteuer im Luftverkehr von einer Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie in Deutschland. Wenn es damit Steuerausfälle geben sollte, würden diese im Verkehrsetat verbucht.
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Energieintensive Unternehmen können mit einem günstigen Industriestrompreis kalkulieren. »Die Gespräche mit der EU-Kommission sind weitgehend abgeschlossen«, sagte der CDU-Vorsitzende dazu.
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Zudem habe es im Koalitionsausschuss eine Einigung auf eine Kraftwerksstrategie zum Bau von Gaskraftwerken gegeben. Sie sollen künftig einspringen, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien nicht zu decken ist, weil nicht genügend Sonne scheint und kein Wind weht. Bereits 2026 sollen acht Gigawatt Leistung ausgeschrieben werden, die bis 2031 in Betrieb gehen sollen, sagte Merz. »Alle Signale deuten darauf hin, dass wir mit Zustimmung der EU-Kommission rechnen können.«
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Mit dem Deutschlandfonds solle Kapital mit öffentlichen Mitteln mobilisiert werden, um den Mittelstand zu fördern. Der Fonds solle als »Andockstelle für privates Kapital« dienen, um neben den bereits auf den Weg gebrachten öffentlichen Investitionen private Gelder zu mobilisieren, erklärte Finanzminister Klingbeil. »Das ist ein wichtiges Instrument, um Deutschland in ökonomischer Hinsicht zu stärken.« Zuletzt waren öffentliche Mittel von zehn Milliarden Euro im Gespräch, die als Anreiz für private Investitionen von 100 Milliarden Euro dienen sollten. Zahlen nannte Klingbeil nicht.
Es sei das Anliegen der Koalition, die Wirtschaft signifikant zu entlasten und Kosten zu senken, sagte Merz. »Ein starkes Deutschland braucht eine starke Wirtschaft und sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze«, so Merz.
Bas fügte hinzu, dass mit den Einigungen auch eine Aufforderung an Unternehmen rausgehe: Diese müssten nun Standort- und Beschäftigungssicherheit geben. Bas und Klingbeil sehen die Beschlüsse des Koalitionsausschusses als Zeichen der Handlungsfähigkeit des oft konfliktreichen Bündnisses mit der Union. Sie sei froh über die Vielzahl der Ergebnisse, sagte Bas. Klingbeil ergänzte: »Wir machen unsere Hausaufgaben als Regierung.«
Das Spitzenquartett der Koalition war sichtlich darum bemüht, fleißig zu wirken. Merz, Klingbeil, Bas und Söder beeilten sich auf der Fraktionsebene des Reichstags, die Beschlüsse ihres Koalitionsausschusses aufzuzählen. Viel Zeit für Nachfragen blieb nicht. Im Bundestag standen an diesem Abend noch namentliche Abstimmungen zu weiteren Beschlüssen an, die die Abgeordneten Merz, Bas und Klingbeil nach eigenem Bekunden nicht verpassen wollten. Später am Abend sollte es dann noch ein gemeinsames Essen im Kreis der Koalitionäre geben.
Von diesem Abend solle ein Zeichen der Geschlossenheit und Tatkraft ausgehen. »Wir zeigen, dass wir Kompromisse finden. Auch wenn wir uns gelegentlich streiten«, sagte Bas. Neben ihr grummelte Söder: »Haben wir nicht.« Bas konterte: »Nee, heute noch nicht.« Sie lachten. Aber der Abend war da ja noch lang.
Gespräche der Koalition gehen weiter
Zwar hat die Koalition in den vergangenen Tagen mehrere größere Themen abgeräumt. So einigte sie sich etwa auf eine Wehrdienstreform und Neuerungen bei den Leistungen für ukrainische Geflüchtete. So müssen sich künftig alle jungen Männer in Deutschland für einen Wehrdienst mustern lassen. Die verpflichtende Musterung soll für alle Männer gelten, die ab dem 1. Januar 2008 geboren sind. Die Koalition plant, die Musterung der betroffenen Personen schrittweise auszubauen. Sollten sich nicht ausreichend freiwillige Wehrdienstleistende finden, kann nach Plänen der Koalition eine »Bedarfswehrpflicht« greifen. Lesen Sie dazu hier mehr.
Aber es gibt noch genug Konfliktthemen. Seit Monaten streitet die Koalition darüber, ob neue Autos mit Verbrennermotor nach 2035 doch noch zugelassen werden dürfen. Dies ist nach der geltenden EU-Regelung nicht mehr möglich, Brüssel ist aber bereit, dies zu überarbeiten. Auch die Rentenreform ist ein Streitpunkt. Jüngere Unionsabgeordnete drohen, die geplanten Änderungen wegen einer zu großen Belastung künftiger Generationen zu blockieren. Und auch eine Überarbeitung des Heizungsgesetzes steht noch aus.
In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD monatliche Treffen des Koalitionsausschusses vereinbart, zuletzt trat er am 9. Oktober zusammen. Die Sitzungen sollen regelmäßiger und häufiger stattfinden als noch in der Ampelkoalition. Das soll dazu dienen, Kompromisse zu finden, ehe sich Konflikte zu einer Koalitionskrise ausweiten.

