Familien-Weihnacht: Single-Dasein unter der Lupe

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In meiner Familie gibt es verschiedene Weihnachts-Traditionen. Der Baum wird rot geschmückt, die Gans mit Rotkohl und Klößen serviert und ich nach meinem Beziehungs-Status gefragt. In den Augen meiner Mutter bin ich nach ein paar Jahren als Single quasi schwer vermittelbar. Eine Langzeitpartnerlose. Dass es gelegentlich einen Minijob gab, spielt keine Rolle. Für sie zählt nur Vollbeschäftigung mit Aussicht auf Kinderbetreuung.

Meine Mutter arbeitet nicht allein an ihrem Ziel, mich zu vermitteln. Auch meine Oma steht ihr zur Seite. Ich solle ihrer Meinung nach mal in die Puschen kommen. Mit ihren 95 Jahren verrennt die Zeit und sie würde doch so gern noch meine Beförderung, Verzeihung, Hochzeit, miterleben.

Mangel an Kernkompetenzen

Jedes gute Jobcenter bietet Hilfe, so auch dieses. Bei der ausführlichen Analyse meiner Kernkompetenzen schneide ich schlechter ab als gedacht.

Offensichtlich habe ich zwar Geduld, aber meine Oma bemängelt meine Kreativität in der Küche. Dass ich als Vegetarierin weder Fisch noch Fleisch zubereiten kann, scheint für sie der Kündigungsgrund meiner letzten Beziehung zu sein. Die einzige Chance, einen guten Partner zu finden, hätte ich durch eine Weiterbildungsmaßnahme – in ihrer Küche.

Dass sich der Markt in den vergangenen 65 Jahren verändert hat und ich auch Job-Erfahrung besitze, behalte ich für mich. Zu sehr wird deutlich, dass meine Familie nach einem Partner für mich sucht, weil sie Gutes für mich möchte. In den Augen meiner Oma ist das ein Mann.

► Deshalb behalte ich auch für mich, dass es manchmal schwierig ist mit der Suche. Weil man zu spät bemerkt, dass die Stelle gar nicht frei war oder nur eine von beiden Personen nach der Probezeit in ein unbefristetes Verhältnis wechseln möchte.

Liebesgrüße aus aller Welt

Beherzt fragt mich meine Tante nach den Dating-Apps und übernimmt kurzerhand das Swipen. Wenige später wünscht mir Sanji aus Bangalore „Frohe Weihnachten“ und Sven mit mehr Bart als Gesicht möchte wissen, ob ich auch Kartoffelsalat mit Würstchen gegessen habe. So richtig schmackhaft ist das nicht. Auf mehreren Ebenen.

Weihnachten ist nun vorbei und ich habe ein Jahr lang Zeit, aus der Langzeitpartnerlosen-Statistik herauszukommen. Vielleicht schaue ich mir Sanji oder Sven doch noch mal genauer an. Denn wer in einer Beschaffungsmaßnahme steckt, wird ja bekanntlich nicht erfasst.

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