Ex-Trainer im Interview

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Zum Jahresausklang blicken wir zurück auf einige unserer Interview-Highlights des Jahres 2025. Im Juli sprachen wir mit Ex-Bundesliga-Trainer Peter Neururer.
Ein Telefonat mit Peter Neururer ist auch über ein Jahrzehnt nach seinem letzten Trainer-Engagement ein pures Erlebnis. Transfermarkt erreichte den 70-Jährigen auf seinem Weg zur 23. Auflage des Proficamps der Spielergewerkschaft VDV für vereinslose Fußballer. „Ich rege mich nicht mehr über Dinge auf, die ich nicht beeinflussen kann“, hatte Neururer der „Deutschen Presse-Agentur“ anlässlich seines runden Ehrentages im vergangenen April erzählt. Wenn aber der Autor dieser Zeilen berühmte Zitate aus Neururers Vergangenheit hervorkramt und der Kultcoach sich für das erstgenannte so gar nicht verantwortlich fühlt, kann es schon einmal kurz rappeln. Bevor es lieber umgehend zum nächsten Thema geht. Über vermeintlich unsinnige Fragen kann Neururer ohnehin nur schmunzeln. „Man hat es in allen Bereichen des Lebens mit Idioten zu tun, egal ob im normalen Leben, bei Journalisten oder unter Trainerkollegen. Das macht die Angelegenheit ab und zu auch mal lustig“, findet Neururer.
Und wenn dumme Fragen Überhand nehmen, dann sei es auch mal so, dass man keine Antworten mehr gibt. Ganz einfach. Deshalb gebietet es sich, als Journalist besser die richtigen Fragen zu wahrheitsgemäßen Zitaten zu stellen. Nächster Versuch. Als Trainer des 1. FC Köln soll Neururer nach einer 0:3-Niederlage in Duisburg mal geäußert haben: „Wir alle waren vorher überzeugt davon, dass wir das Spiel gewinnen können. So war auch das Auftreten meiner Mannschaft, zumindest in den ersten zweieinhalb Minuten.“ Er bestätigt, dem war so. Glück gehabt. Welche Tricks hatte er als Motivator seiner Mannschaften kurz vor dem Anpfiff denn grundsätzlich auf Lager? „Tricks ist ein blöder Begriff, genau wie Rezepte. Die gibt es nicht. Es gibt Situationen, abhängig davon, wie viel Erfahrung und Kenntnis du hast, wie die Situation im Verein und bei den Spielern und der gesamten Mannschaft ist, wo man punktuell für besondere Dinge sorgt.“ Bevor es raus auf den Platz geht, „wenn der letzte Schub kommt“, in der Kabine und nach dem Warnmachen. „Dann gibt es die letzte knackige Ansage.“
Neururer erinnert im Zuge dessen auch an Christoph Daums spezielle Methoden und schränkt zugleich ein: „Wenn du anfangen musst, eine Mannschaft zu motivieren, dann ist es besser, wenn du aufhörst mit dem Job, weil dann ist es schon zu spät.“ Der Kulttrainer liefert die Erklärung direkt hinterher: „Wer in diesem Job nicht motiviert ist, wird mit Sicherheit kein Profi.“ Das nicht immer die gleiche Spannungslage bestehe, sei jedoch völlig klar. Siehe Bayern München, das nach einem Königsklassen-Auftritt zuhause gegen einen Aufsteiger nachlegen müsse.

Peter Neururer als Trainer von Rot-Weiss Essen im Jahr 1987
Wenn es einer wissen muss, dann Neururer. Bei zwölf verschiedenen Vereinen im deutschen Profifußball stand der Harley-Liebhaber an der Seitenlinie, zuletzt noch einmal beim VfL Bochum von April 2013 bis Dezember 2014. Ein Trainer-Typ, der in den „Bundesliga-Classics“ immer wieder irgendwo auftaucht. 320-mal in der 2. Bundesliga und 214-mal im Oberhaus, zwei Aufstiege in die Bundesliga. Laut TM-Datenbank sind die damaligen Bochumer Søren Colding, Paul Freier, Rein van Duijnhoven und Dariusz Wosz die unter ihm meisteingesetzten Spieler. Heute engagiert sich Neururer unter anderem als wortreicher Experte bei „Sport1“. Der früher einmal folgende Weisheit zum Besten gab: „Ich bin Idealist. Wenn das Leben nicht so teuer wäre, würde ich alles umsonst machen.“ Neururer erinnert sich darauf während seiner Autofahrt angesprochen: „Ich meinte damit auch, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Das war wunderbar und eine Riesennummer. Die Lebensqualität ist kaum zu beschreiben.“ Trotzdem sei da der wahnsinnig hohe Druck zum Anfang der Karriere gewesen. Weniger sportlicher Natur. „Ich war vorher Lehrer, hatte Tennisschulen und habe in Amateurvereinen gearbeitet. Das habe ich alles aufgegeben. Und damals war es nicht so, dass du nach der dritten, vierten Station hättest sagen können: ‚So, jetzt ist gut, jetzt habe ich ausgesorgt.‘ Dafür brauchst du ein paar Jahre mehr. Das war Druck.“ Irgendwann, nach dem zehnten Jahr, sei Geld nicht mehr der ausschlaggebende Faktor für den Job, davon gebe es schließlich genug.
Hohe Ablösen widern Neururer an – Spielergehälter dagegen gerechtfertigt
Die heutigen Millionenverdienste sind auch im Gespräch mit Neururer ein heißes Thema. Der Ex-Trainer stellt klar: „Die Gehälter sind alle angemessen. Alles absolut richtig. Aber die Ablösesummen, und da werden die Trainer miteinbezogen, halte ich für krank, unmoralisch sowieso. Für mich mit ethisch-moralischen Gedanken nicht nachvollziehbar und pervers. Das ist wie Menschenhandel auf anderem Niveau. Wenn wir von Spielermaterial reden, wird mir schlecht. Und es gibt Millionen von Kindern, die verhungern.“ Keine Widerrede am Telefon. Der teuerste unter Neururer getätigte Einkauf war 2004 der Bochumer Neuzugang Tommy Bechmann mit einer Ablöse von 1,5 Millionen Euro. Neururer legt nach: „Aber jeder Profi verdient genau das, was er bekommt. Ob es Ronaldo, Messi oder wer auch immer in der Bundesliga ist“, vollzieht er eine strikte Trennung der Themen. „Über Golf- oder Tennisstars, irgendwelche Schauspieler, Künstler, Pop- und Rockstars höre ich nie irgendwelche Reden und Klagen, dass sie zu viel Geld verdienen. Aber alle beschweren sich darüber, was die Fußballer in der Spitze verdienen. Das ist eindeutig falsch.“ Punkt. Neururer führt diese Sichtweise vieler Menschen auch auf die Unkenntnis zu wirtschaftlichen Themen zurück. Warum Fußballer so viel einstreichen würden? „Weil der Markt es hergibt. Auch Vereine verdienen mit Trikotverkäufen eine ganz Menge Geld.“

Peter Neururer als Trainer des 1. FC Saarbrücken im Jahr 1992
Weiter geht’s. „Ich habe früher auch die großen Philosophen gelesen. Doch dann habe ich gemerkt, dass die von meinem normalen Denken absolut abweichen. Jetzt lese ich nur noch Fußballfachbücher“, gab Neururer einst zum Besten. Eine Inspiration habe er für das Erreichen seiner über 600 Pflichtspiele an der Seitenlinie aber nie benötigt, sagt er heute. „Ich finde es toll, dass ich das erreicht habe. Es war viel Glück dabei. Umstände, die ich nicht beeinflussen konnte. Wenn ich Horst Hrubesch nicht kennengelernt hätte, wäre ich heute ganz normaler Rentner und würde keine Bühnenshow und ähnliches machen.“ Der Titel seiner 90-minüten Lebensreise lautet „Schweigen ist feige“, deutschlandweit gibt er darin seine Anekdoten zum Besten. Neururer hat immer was zu erzählen. Stoppen lässt er sich nur kurzzeitig von einem „wahnsinnigen Gewitter“ während der Fahrt, das für einen Abbruch der Verbindung sorgt.
Bochum, S04 & Co.
Neururers Karriere in Zahlen
Hier geht’s lang!
Fortsetzung nach kurzer Pause. Trainerentlassungen und Trennungen gehören zum Bundesliga-Zirkus genauso wie Legende Neururer. Manchmal aber fällt schon der Start bei einem Verein in die Kategorie holprig. Vor seinem Einstieg bei Schalke im Frühjahr 1989 bot die Suche nach einer neuen Bleibe ungeahnte Herausforderungen. „Ich habe mir ein Haus mieten wollen. Da wurde ich gefragt: ‚Für wie lange wollen Sie denn?‘ Ich meinte, dass ich zwei Jahre Vertrag auf Schalke habe. ‚Ne, dann machen wir das nicht‘, hieß es.“ Und wenn es einmal mit einem Klub auseinanderging? „Zunächst einmal sind einige der sogenannten Entlassungen gar keine Entlassungen gewesen. In Bochum und in Saarbrücken bin ich selbst gegangen und so weiter. Das wurde von einigen Journalisten als Beurlaubung dargestellt.“ Anders sei es zum Beispiel bei den Königsblauen gewesen, da musste Neururer auf einem Aufstiegsplatz liegend „aus heiterem Himmel“ unfreiwillig gehen. „Das hat mir fast die Schuhe ausgezogen und mich wirklich getroffen.“

Peter Neururer als Trainer des FC Schalke 04 im Jahr 1989
Im Sommer 1991 wurde er bei Hertha BSC vor die Tür gesetzt. „Aber die waren damals nicht imstande, das differenzierter zu betrachten.“ Aus einer Entlassung sei aus arbeitsrechtlichen Gründen eine Beurlaubung geworden. Beim 1. FC Köln sei sein Ende im Spätsommer 1997 „absehbar“ gewesen.
Ganz kurios wurde es bei seinem ersten Kapitel bei Hannover 96, zum Saisonende 1994/95 erhielt er die Papiere. „Damit verbunden war ein Stadionverbot. So eine Farce, die man schon fast lustig findet. Das war absolut lächerlich.“ Wie passiert so etwas, wohlgemerkt nach dem geglückten Klassenerhalt? „Ich hatte das alte Präsidium gelobt und angeblich das neue nicht in Betracht gezogen“, lacht Neururer, der nach seinem 96-Aus als künftiger Stadionbesucher angeblich für Unruhe hätte sorgen können. Dem damaligem Vereinspräsidenten Klaus-Dieter Müller schien das alles zu viel. Offiziell wurde das Stadionverbot erst ein Jahrzehnt später aufgehoben, als Neururer im November 2005 erneut bei den Niedersachsen übernahm.

Peter Neururer bei seinem ersten Engagement als Hannover-Trainer im Jahr 1994
Ende August 2008, nach dem 3. Spieltag, wieder Hannover 96 und vorzeitig Schluss. „Hannover ist mein zwölfter Job als Trainer. So wie hier habe ich das noch nie erlebt. Überall gibt es hier Heckenschützen“, kritisierte Neururer einst die Umstände. „Damals gab es ein einziges Chaos. Herr Kind kam für mich leider zu spät. Die Transferperiode war schon beendet und es waren Spieler verpflichtet worden, die ich persönlich gar nicht haben wollte. Deshalb habe ich Herrn Kind gebeten, dass wir uns trennen, es machte für mich keinen Sinn mehr und für den Verein auch nicht.“ Aber, und darauf legt Neururer Wert: Es war eine gemeinsame Entscheidung und kein Rausschmiss. Weil Hannover ein „toller Verein“ sei, habe er sich im Frühjahr 2015 erneut auf Gespräche eingelassen, zu einem dritten Engagement kam es aber nicht, Michael Frontzeck erhielt den Posten.
Neururer will kein Trainer mehr sein: Andere Interessen als Kumpel Funkel
„Nach 2015 habe ich gesagt: Ich mache nicht mehr weiter, sondern nur noch das VDV-Proficamp.“ Sobald eine Krise kommt, sei man als Trainer eh weg. Und das, obwohl man von den Neuzugängen womöglich kaum jemanden kenne, der Einfluss bei der Kaderplanung sehr überschaubar sei. So viele Dinge hätten sich geändert. „Sportdirektoren haben sechsmal den falschen Trainer verpflichtet, aber sind immer noch im Amt. Das ist ein großes Problem.“ Auch deswegen mache er nicht mehr den Trainer. Dafür hilft er erneut vertraglosen Fußballern, sich für neue Vereine fitzumachen. Eine Herzensangelegenheit von Neururer. Dabei hätte er vielleicht sogar kürzlich auf die große Bühne – die richtige im Fußball und nicht als Show – zurückkehren können. „Sogar vor ein paar Wochen und Monaten gab es noch ein paar Nachfragen.“

Peter Neururer als Trainer des 1. FC Köln im Jahr 1996
Dem 71 Jahre alten topfitten Friedhelm Funkel, der bereit für einen neuen Job an der Seitenlinie wäre, wird er auf keinen Fall nacheifern. Ist der Routinier also kein Vorbild? „Totaler Blödsinn“, entfährt es Neururer auf die spitze Frage. „Er ist ein sehr guter Kumpel von mir, aber er hat ganz andere Interessen.“ Sollte sich wer in einer absoluten Notlage melden, würde Neururer für drei Klubs eine Ausnahme machen: den VfL Bochum, 1. FC Köln und – na klar – Schalke. „Aber für keinen anderen Verein der Welt und auch kein Geld würde ich wieder als Trainer arbeiten.“ Als Sportdirektor in einem Klub würde er sich dagegen sehr wohl sehen können.
Nicht arbeiten wollte er auch für den FC Bayern. Wäre er irgendwann einmal gefragt worden, das versteht sich. In dieser Lage habe er sich jedoch nie befunden. „Als 20. Trainer die Meisterschaft nach München holen? Nein, danke“, hielt Neururer früher einmal fest. Und nun: „Selbst wenn sie gefragt hätten und ich hätte noch unter Vertrag gestanden, wäre das für mich kein Thema gewesen. Wenn ich zu etwas Ja sage, halte ich mich auch daran.“ Nachfrage: Selbst wenn er frei gewesen wäre? „Andere Sachen hätten mich mehr gereizt. Als 500. Meistertrainer in die Vereinsgeschichte einzugehen, das war nicht unbedingt mein Ziel.“ Nachhaltigkeit und Aufstiege hätten ihn damals wie heute weitaus mehr inspiriert. Fall erledigt.

2001: Mainz-Trainer Jürgen Klopp flachst mit Ahlen-Coach Peter Neururer
Mit einem Zitat aus einem Interview von 2003, als es darum ging, dass er angesichts ausbleibender Angebote in ein Loch gefallen sei, weiß Neururer überhaupt nichts anzufangen. Eine solche Phase sei ihm neu, das angeblich Gesagte „eigenartig“. Neururer erinnert sich in dem Zusammenhang an ein Interview, das er so nie gegeben haben will, weshalb er den Journalisten nach dem Lesen des Werkes zur Rede stellte. Dessen trockene Antwort sei gewesen: ‚Das hättest du ja so sagen können.‘ „Wie kommst du auf die Idee, sowas zu schreiben?“, erinnert sich Neururer an seine eigene Reaktion.
Wenn ich mir so etwas zurechtlegen müsste, wäre ich nicht mehr authentisch.
Die sportlich großartigste Zeit erlebte er wohl mit Bochum, 133 Spiele zwischen 2001 und 2005 schaffte er beim Revierklub, persönlicher Rekord. Einschließlich sensationeller Europapokal-Qualifikation 2003/04. „Bochum kann Meister werden, wenn auch nicht sofort“, ließ Neururer die Öffentlichkeit wissen. Sprüche aus der Schublade? Von wegen! „Wenn ich mir so etwas zurechtlegen müsste, wäre ich nicht mehr authentisch. Zu diesen Aussagen stehe ich. Wir haben einen guten Lauf gehabt.“ Weit nach Abpfiff kann es angesichts solcher Ereignisse dann aber auch mal wild zugehen. Neururer war längst in den Katakomben, wollte sich auf die Pressekonferenz vorbereiten – und wurde von der Pressesprecherin wieder nach draußen beordert, wie er verrät.

Auf einen Tanz: Peter Neururer schaffte mit dem VfL Bochum im Frühjahr 2004 die Qualifikation für den UEFA-Cup
„Die Fans sangen auf einmal: ‚Wir wollen dich tanzen sehen.‘ Ich dachte mir: Sind die geisteskrank? Zur Beruhigung der Kurve habe ich dann ein paar epileptische Bewegungen gemacht, die man als Tanz auslegen könnte. Dass Kameras aufgebaut waren, habe ich nicht mitbekommen.“ Nun ja. Die Bilder machten jedenfalls schnell die Runde. „Mir war klar: Ach du scheiße, das kriegst du irgendwann um die Ohren gehauen.“ Aber erst einmal gab es die wohlverdiente Sause. „Wir feiern nicht, bis der Arzt kommt. Den nehmen wir gleich mit auf die Party“, kündigte Neururer damals an. Wie lange es wurde? „Keine Ahnung“, lacht er. „Wenn meine Frau mich fragt, wann ich zuhause bin, antworte ich immer: ‚Um viertel nach.‘“ Nur ein Jahr später musste der VfL den Gang in die 2. Liga antreten, für Neururer war im Sommer 2005 Schluss.
Findet einer wie er, der nie auf den Mund gefallen ist, noch Zugang zur heutigen Spielergeneration? Klar, so viel habe sich nicht verändert, nur die Betrachtungsweise der Leute. „Die Spieler können gar nicht mehr so sein, wie sie wirklich sind, weil sie von allen Seiten beäugt werden“, erzählt Neururer, während er mit der Herausforderung kämpft, ans Ziel zu gelangen und offenbar von Kreisverkehr zu Kreisverkehr gelangt. Als aktuelles Beispiel fällt ihm sofort Florian Neuhaus ein. „Was er machte, geht leider nicht und das müsste er wissen. Aber sein Charakter hat sich ja nicht verändert, sondern nur die Umgangsweise. Das ist das große Problem. Was sind das für Fans? Die filmen den eigenen Spieler und hauen das Video in die Öffentlichkeit. Damit haben sie für alle ein Theater angerichtet. Als ich aufgehört habe, hat es das auch schon gegeben, aber es gab Möglichkeiten, Dinge einzuschränken.“ Neururer verhängte während des Trainings und im gesamten Stadion absolutes Handyverbot, „ohne Diskussion“. Dagegen habe jeder Spieler „maximal einmal“ verstoßen, „1000 Euro Geldstrafe fanden sie nicht so lustig“.
Früher sagte er einmal: „Ich kriege keine Probleme mit Spielern. Ich bin ja selbst ein Problemfall.“ TM hakt nach. „Ich kam grundsätzlich mit meinen Mannschaften gut zurecht. Wenn es Probleme gab, dann meistens mit irgendwelchen Funktionären. Aber mit Spielern eigentlich nie. Ich habe jetzt noch zu vielen Kontakt.“

Peter Neururer bei seinem zweiten Engagement als Bochum-Trainer im Jahr 2013
Neururer: Darum würde Guardiola mit Freiburg nicht Meister werden
Überliefert ist auch das folgende Zitat von Neururer: „Wenn wir ein Quiz machen würden unter den Trainern in Deutschland, wer am meisten Ahnung hat von Trainingslehre, Psychologie, und der Trainer mit den besten Ergebnissen kriegt den besten Klub – dann wäre ich bald bei…“ Der Kultcoach beendet das Zitat höchstpersönlich mit „Real Madrid“. Neururer erklärt sofort, was er damit einst meinte: „Wer überprüft denn die Qualität eines Trainers? Der Außenstehende mit Sicherheit nicht. Wir sehen nur das Ergebnis: gut oder schlecht. Wenn es einen objektiven Test zur wirklichen Sach- und Fachkenntnis und Menschenführung geben würde, stelle ich mich gerne der ganzen Weltbevölkerung oder allen Trainern dieser Erde zur Verfügung. Mal gucken, wer dieses Quiz dann gewinnen würde.“ Neururer stellt die Frage in den Raum, warum es einem Pep Guardiola, „möglicherweise der erfolgreichste Trainer aller Zeiten“, nicht gelingen würde, mit Freiburg Meister zu werden. „Weil Freiburg die Mannschaft nicht hat. Jeder Trainer, egal wo, kann nicht besser sein als seine Mannschaft. Und wenn ich ein Blinder bin und nichts kann, komme ich nicht zu Bayern München.“
Ich war zwar sehr aufbrausend, aber Meckern gab es bei mir nicht.
Wer für ihn der aktuell beste deutsche Trainer ist, will der Routinier nicht beantworten. „Ich würde niemals zu einem meiner Kollegen ein Urteil abgeben, das steht mir nicht zu, weder positiv noch negativ.“ Na gut. Neururer scheint fast da zu sein. Also besser noch schnell über seine emotionale Spielweise zu aktiven Zeiten und folgendes Zitat sprechen: „Nach den heutigen Regeln hätte ich damals schon beim Aufwärmen eine Gelbe Karte gekriegt.“ Der 70-Jährige erinnert sich: „Ich war mal in der dritten Liga Rekordhalter mit Gelben Karten. Aber ich habe nur eine einzige wegen Meckerns bekommen. Ich war zwar sehr aufbrausend, aber Meckern gab es bei mir nicht. Ich bin mit allen respektvoll umgegangen. Aber ich habe mit offenem Visier Zweikämpfe bestritten. Ich habe ab und zu mal danebengelegen und wurde berechtigterweise verwarnt.“ Die heutige Trainer-Regelung mit Sperren nach vier gelben Kartons wäre nichts für ihn. „Da wäre ich nur gesperrt.“ Damit ist jetzt wirklich alles gesagt. Neururer ist endlich angekommen und muss auflegen. Das VDV-Proficamp ruft.

Daumen hoch im Jahr 2025: Peter Neururer ist auch nach seiner Karriere als Experte gefragt
Text und Interview: Philipp Marquardt



