Haushaltsstreit
Bovenschulte wirft Raumfahrtministerin Bär Bruch des Koalitionsvertrags vor
»Die Kohle fließt nicht«: Der Bund will die Raumfahrt stärken, doch jetzt gibt es heftige Kritik aus Bremen an Ministerin Dorothee Bär. Bürgermeister Andreas Bovenschulte fordert deutlich mehr Geld fürs All.

Bürgermeister Bovenschulte: »Nicht akzeptabel«
Foto: Sina Schuldt / dpa
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Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat die Haushaltspläne der Bundesregierung für die nationale und europäische Raumfahrt scharf kritisiert. »Was jetzt an Mitteln im Budget des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) für den Haushalt 2026 vorgesehen ist, stellt einen Bruch der Koalitionsvereinbarungen dar und ist viel zu wenig, um bei der europäischen Souveränität einen Schritt nach vorn zu machen«, sagte Bovenschulte dem SPIEGEL.
Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, die Raumfahrt deutlich zu stärken und sowohl den deutschen Beitrag zur Europäischen Weltraumorganisation (Esa) zu erhöhen als auch das nationale Raumfahrtprogramm auszubauen. »Es ist nicht akzeptabel, dass wir dieses Ziel unterlaufen.«
Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung , der von Bovenschultes Parteifreund und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) verantwortet wird, sind für 2026 lediglich 1,2 Milliarden Euro an ESA-Beiträgen vorgesehen, rund 282 Millionen Euro sollen in das nationale Programm fließen. Bovenschulte und die Ministerpräsidenten Bayerns und Baden-Württembergs, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), hatten zwei Milliarden Euro jährlich für die Esa und eine Milliarde Euro für das deutsche Raumfahrtprogramm gefordert. Forschungsministerin Dorothee Bär hatte noch im August 550 Millionen Euro für das nationale Programm in Aussicht gestellt.
Wichtiger Standort für Raumfahrtindustrie
Bremen ist neben Bayern und Baden-Württemberg ein wichtiger Standort für die deutsche Raumfahrtindustrie, unter anderem hat der Satellitenkonzern OHB dort seinen Sitz. Bovenschulte ist Ende November Gastgeber der Ministerratskonferenz der Weltraumorganisation Esa, die in Bremen stattfindet. Im Rahmen dieser Konferenz werden alle drei Jahre Budget und Strategie für die europäische Raumfahrt festgelegt. Eine Erhöhung des deutschen Beitrags auf sechs Milliarden Euro für die Jahre 2026 bis 2029 würde eine Verdoppelung gegenüber der vorherigen Periode bedeuten.
Auf Betreiben Söders war die Zuständigkeit für die Raumfahrt, die zuvor auf mehrere Ministerien wie Wirtschaft, Verkehr, Verteidigung und Forschung verteilt war, beim Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gebündelt worden.
»Nun haben wir zwar ein Raumfahrtministerium, aber die Kohle fließt nicht«, sagte Bovenschulte. »Das ist eine fundamentale Niederlage für Ministerin Bär und ein Schlag ins Kontor aller Freunde der Raumfahrt.« Er wisse nicht, »wie Markus Söder, der ja faktisch mit am Kabinettstisch sitzt, das erklären will«. Mit dieser Ausstattung handle es sich nur um ein »virtuelles Raumfahrtministerium«.
Bei einem Gesamtbudget für die Forschung von rund 22 Milliarden Euro sei es ein Armutszeugnis, wenn nur rund ein Prozent für das nationale Raumfahrtprogramm bereitgestellt werde. Deutschland brauche mehr Satelliten für Forschung, Aufklärung und Kommunikation sowie moderne Trägerraketen und Raumfahrzeuge, um unabhängiger zu werden. All das lasse sich mit einem »solch schmalen Budget« nicht machen.

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manager magazin
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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte am Donnerstag beim Raumfahrtkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ein Sicherheitspaket für Weltraumprojekte und den Aufbau einer Sicherheitsarchitektur im All angekündigt. Bis 2030 sollten dafür 35 Milliarden Euro investiert werden. Der Bundestag hatte im Frühjahr beschlossen, Verteidigungsausgaben von der Schuldengrenze auszunehmen, um angesichts der Bedrohung Europas durch Russland aufrüsten zu können.
»Im Verteidigungsministerium ist der nötige Wumms vorhanden«, sagte Bovenschulte zu den Plänen. Umso krasser sei die Diskrepanz zu den für die zivile Raumfahrt vorgesehenen Mitteln. Bis zur Bereinigungssitzung am 13. November müsse daher deutlich nachgebessert werden.