Der Fall „White Tiger“ und ein geheimer Europol-Bericht: Das Grauen ist noch lange nicht vorbei
Rechtsanwältin des Internet-Monsters erhebt im neuen BILD-Podcast schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft
Der Deutsch-Iraner Shahriar J. (20) aus Hamburg wurde weltweit als „White Tiger“ bekannt. Ihm werden abscheulichste Verbrechen vorgeworfen – die in einem neuen True-Crime-Podcast von BILD intensiv beleuchtet werden
Hamburg – Erfahrene Ermittler waren erschüttert, als sie im Juni von ihren Erkenntnissen berichteten. Zu grausam war das, was sie gesehen und gelesen hatten. Jahrelang soll ein Mann (20) im Internet Kinder und Jugendliche gequält, einen Jungen (13) sogar in den Tod getrieben haben.
Shahriar J. sitzt deswegen in U-Haft. Er wartet auf eine Anklage – in der ihm Mord vorgeworfen werden wird. Doch mit der Festnahme des Deutsch-Iraners ist das Grauen nicht beendet: Shahriar J., der sich im Internet „White Tiger“ nannte, war nur ein kleiner Teil eines Netzwerks von Internet-Sadisten, die es auf psychisch labile Kinder und Jugendliche abgesehen haben.
Ein Verdächtiger ist noch immer frei
Die Ermittler sind weiter auf der Jagd nach Verdächtigen, die mit dem „White Tiger“ in Kontakt waren. Ein Internetnutzer, der gemeinsam mit Shahriar J. den Suizid des 13-Jährigen live am Handy verfolgte, ist bis heute nicht gefasst.
BILD hat den Fall und die Hintergründe umfassend recherchiert und diese Recherchen nun in einem sechsteiligen True-Crime-Podcast veröffentlicht. „White Tiger – Ein Kindermord im Internet“ kann man Podcast-Diensten wie Spotify, aber auch in der BILD App oder gleich hier bei BILD.de anhören.
Fahndung nach Täter-Netzwerk „764“
Viele Erkenntnisse der Ermittler, über die der Podcast berichtet, stammen aus einem geheimen Europol-Bericht. Darin dokumentierten die Fahnder mindestens drei Hauptfälle in Europa, die direkt mit dem Täter-Netzwerk, das sich „764“ nennt, in Verbindung stehen. Es gab Festnahmen in Frankreich und Rumänien (die im Podcast in Folge 3 beleuchtet wird), während weitere Verdächtige in Italien, den Niederlanden und Großbritannien identifiziert, aber noch nicht gefasst wurden.
Der Junge aus dem US-Staat Washington wurde nur 13 Jahre alt. Im Podcast nennen die BILD-Reporter ihn nach Absprache mit seinen Eltern „Tim“
20 aktive oder ehemalige Mitglieder sind bekannt, mehrere werden noch international gesucht.
Ihnen wird eine ganze Reihe von Verbrechen vorgeworfen: Produktion, Besitz und Vertrieb von kinderpornografischem Material, sexuelle Ausbeutung Minderjähriger, psychologische Manipulation von Opfern über soziale Netzwerke sowie in einzelnen Fällen Mordversuch und Drogenhandel.
Shariar J. soll wegen Mordes angeklagt werden
Der Mann, dem die Ermittler das Handwerk gelegt haben, sitzt derweil in Hamburg in Untersuchungshaft und wartet auf seinen Prozess. Die Staatsanwaltschaft Hamburg wirft dem „White Tiger“ Mord in mittelbarer Täterschaft und den Besitz sowie die Verbreitung von kinderpornografischem Material vor.
Strafverteidigerin Dr. Christiane Yüksel verteidigt den „White Tiger“
Die Verteidigerin von Shariar J. sieht vieles anders: Dr. Christiane Yüksel berichtet im BILD-Podcast von Ermittlungen „voller offener Fragen“ – und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden. „Ich kann auf jeden Fall sagen, dass die Staatsanwaltschaft versucht hat, meine Arbeit zu behindern“, sagt sie. „Ich habe zwei Monate kämpfen müssen, um vollständige Akteneinsicht zu erhalten. Das ist kein faires Verfahren.“
Rechtsanwältin sieht keinen Mord
„Ich gehe nicht davon aus, dass mein Mandant wegen Mordes bestraft werden wird“, so Yüksel im BILD-Podcast. „Eine Anklageschrift ist immer nur eine Arbeitshypothese der Staatsanwaltschaft.“ Unklar sei für sie etwa, ob die bei Shahriar J. beschlagnahmten Dateien echt seien – oder vielleicht sogenannte „Deepfakes“: „Theoretisch können das ja Videos oder Fotos sein, die gar nicht real sind.“
Eine Aussage, die den Eltern des zu Tode gekommenen Jungen wie Hohn vorkommen muss. Auch sie kommen im BILD-Podcast zu Wort.
Shahriar J. sitzt auf der Gefängnisinsel Hahnöfersand (Niedersachsen) in Untersuchungshaft
Haftbedingungen angeblich unwürdig
Die Situation sei auch für ihren Mandanten „hoch belastend“, so die Anwältin weiter: „Er ist von anderen Häftlingen getrennt, bekommt täglich nur eine Stunde Ausgang und macht sich große Sorgen um seine Familie.“
Doch wie BILD erfuhr, soll die Beweislage erdrückend sein – und das Netzwerk hinter dem „White Tiger“ weiterhin so ungezügelt, dass die Ermittler weltweit weitere Tatverdächtige ins Visier genommen haben.
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