Künftig soll eine Agentur entscheiden, wie Fördergelder im Spitzensport verteilt werden. Um die Zusammensetzung dieser Agentur entbrennt ein Streit. Der DOSB kämpft um seinen Einfluss und kritisiert das Kanzleramt.
DOSB-Spitzensportvorstand Olaf Tabor
Foto:
Sina Schuldt / dpa
Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat auf den Referentenentwurf des Sportfördergesetzes reagiert – und ihn scharf kritisiert.
»Die ausreichende Berücksichtigung der Sportexpertise und die Autonomie des Sports sind in dem Entwurf nicht mehr sichtbar«, sagt der Vorstand für Spitzensport, Olaf Tabor: »Das ist hochproblematisch.« Der DOSB lehne den Entwurf nach einer ersten Prüfung entschieden ab, hieß es in einem Statement des Verbands.
Am vorvergangenen Donnerstag hatten Medien, darunter auch der SPIEGEL, über den neuen Entwurf des Gesetzes berichtet. Der DOSB war davon überrumpelt worden. Der Verband erhielt den Entwurf erst am Tag der Presseveröffentlichungen. Warum das so gelaufen ist, darüber wollte Tabor nicht spekulieren: »Wir hatten noch keine Gelegenheit, mit dem Bundeskanzleramt zu sprechen.«
»Bewusst den Weg um den Sport herum gesucht«
DOSB-Präsident Thomas Weikert wurde wie folgt zitiert: »Das Vorgehen des Bundeskanzleramtes bei diesem so wichtigen Thema für den deutschen Sport ist jedoch bedauerlich. Am Ende bleibt das Gefühl, dass die Regierung hier bewusst den Weg um den Sport herum gesucht hat, weil sie davon ausgehen musste, dass wir den Gesetzentwurf in seiner aktuellen Form nicht gutheißen können.«
Eine größere Analyse hatte der DOSB bislang noch nicht vorgenommen. Das hing auch mit der Olympia-Abstimmung in München am vergangenen Sonntag zusammen, die nicht durch einen Streit überlagert werden sollte. »Bei der Olympiaentscheidung haben wir gesehen, wie effektiv es ist, wenn verschiedene Player an einem Strang ziehen«, sagte Tabor: »Dass man bei dem Referentenentwurf jetzt einen anderen Weg gegangen ist, verwundert uns umso mehr.«
Sollte der Entwurf Gesetz werden, verliert der DOSB an Einfluss auf den Leistungssport. Der Entwurf skizziert die Ausgestaltung einer geplanten Sportagentur, die für die Verteilung der Fördergelder an die Spitzenverbände zuständig sein soll.
Die Entscheidungsgewalt für die grundsätzliche Ausrichtung der Agentur liegt in einem Gremium, dem Stiftungsrat. In diesem hat der DOSB nur eine Stimme – und der Bund drei. Hinzu kommt eine Stimme der Sportministerkonferenz, also der Länder. Lediglich in einem rein beratenden Gremium stellt der DOSB sechs Mitglieder – ist dort aber nur eine Stimme unter vielen.
»Verstaatlichung des Sports«
In einer ersten Stellungnahme nach der erfolgreichen Olympiawahl in München hatte Leistungssportvorstand Tabor der »Funke Mediengruppe« gesagt: »Es muss allen Beteiligten klar sein, dass die Expertise, wie Leistungssport erfolgreich sein kann, nicht beim Staat liegt, sondern im Sport.« Er beklagte eine »Verstaatlichung des Sports«.
Nun legte Tabor nach: Er kritisierte die maßgeblichen Veränderungen in der geplanten Sportagentur im Vergleich mit früheren Entwürfen. Die aktuelle Bundesregierung hatte sich als Grundlage ein Gesetz der Ampelregierung genommen, das im vergangenen Jahr fast verabschiedet worden wäre, ehe es zum Bruch der Koalition kam.
Tabor sprach nun davon, dass die Verteilung der Mitglieder des Stiftungsrats »nicht akzeptabel« sei. Zwar stimme man einer Verkleinerung gegenüber der ursprünglichen Besetzung zu, doch in der jetzigen Form könne der Bund alles entscheiden.
»Wenn an dem Gesetz nicht maßgebliche Änderungen vorgenommen werden, sehen wir aktuell leider nicht, wie dieses Vorhaben zu einem erfolgreicheren Spitzensport in Deutschland beitragen soll.«
DOSB-Präsident Weikert
»Vorher waren Zweidrittelmehrheiten in einigen Fragen verankert. Dadurch hätte es Vereinbarungen geben müssen, es wären keine Durchgriffe durch den Bund möglich gewesen«, sagte Tabor. Auch der Vorstand der Agentur sei nicht mit ausreichender Autonomie ausgestattet. »Der Stiftungsrat hat zu viele Eingriffs- und Begrenzungsmöglichkeiten.«
Der DOSB hofft, dass im Laufe des Gesetzgebungsprozesses noch Änderungen kommen werden. Es gelte das »Strucksche Gesetz«, wonach kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineingekommen ist. »Ich bin optimistisch, dass es uns gelingt, die notwendigen Änderungen in das Gesetz zu bekommen«, sagte Tabor.
»Wir werden die Zeit der Verbändeanhörung jetzt intensiv nutzen, um unsere Sorgen an die Politik heranzutragen und auf notwendige Verbesserungen zu drängen«, sagte Weikert: »Wenn an dem Gesetz nicht maßgebliche Änderungen vorgenommen werden, sehen wir aktuell leider nicht, wie dieses Vorhaben zu einem erfolgreicheren Spitzensport in Deutschland beitragen soll.«


