Deutschland und die Türkei streben eine weitere Vertiefung ihrer Beziehungen an. Dies sei ihre »gemeinsame Absicht«, sagte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) am Freitag nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan in Ankara. Beide Länder hätten »sehr viele übereinstimmende Interessen«, betonte Wadephul bei seinem Besuch in der türkischen Hauptstadt.
Die Türkei sei »für uns nicht nur ein Nato-Partner, sondern ein strategischer Partner in allen unseren außenpolitischen Belangen und ein guter Freund«, sagte der Bundesaußenminister.
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Er lobte unter anderem die »sehr wertvolle« Vermittlerrolle Ankaras beim Zustandekommen der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Er sei sich »sicher, dass die Türkei auch weiterhin an unserer Seite stehen wird, die Vereinbarung zu konsolidieren und in einen wirklichen Friedensprozess überzuleiten«.
Der türkische Außenminister Fidan erklärte, Ankara sei bereit, sich an den Friedenstruppen und anderen Missionen zur Umsetzung des Friedensplans zu beteiligen, aber Details seien noch offen. Gemeinsam dränge man auf vollständigen Zugang der humanitären Akteure, um die schlimmste Not zu lindern und dafür, dass der 20-Punkte-Friedensplan vollständig umgesetzt werde, so Wadephul. Beide Länder sind sich einig in ihrem Plädoyer für eine Zweistaatenlösung.
Wadephul hatte bei seinem Besuch auch erklärt, zur Wiederannäherung in den Beziehungen zwischen der Türkei und Israel beitragen zu wollen. Keine leichte Aufgabe: Die Beziehungen sind seit dem Gazakrieg stark beschädigt. Erdoğan hat Israel immer wieder des Völkermordes beschuldigt und die Einstellung des Handels mit dem Land verfügt. Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu bezeichnet der türkische Staatschef etwa als »Schlachter von Gaza«.
Wadephul betonte auch die Bedeutung der Türkei angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. »Die Türkei hat dabei eine besondere Rolle als Nato-Alliierte, aber auch als Austragungsort für Gespräche zwischen den Kriegsparteien und als Hüterin des Montreux-Vertrags, der die Durchfahrt von Schiffen zum Beispiel am Bosporus regelt.« Der Bundesaußenminister unterstrich: »Es ist und bleibt weiterhin unser gemeinsames Ziel, dass dieser Krieg rasch ein Ende findet.«
Auf die Frage, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch zu dem geplanten Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in der ungarischen Hauptstadt Budapest kommen sollte, antwortete Wadephul nicht direkt. »Ich glaube, dass jede Vereinbarung betreffend die Kriegssituation in der Ukraine erfordert, dass die Ukraine – unter anderem an vorderster Stelle durch ihren Präsidenten repräsentiert – daran zu beteiligen ist«, sagte der Bundesaußenminister.
Es sei »vollkommen klar«, dass es »keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Ukraine geben« dürfe, sagte Wadephul. Er verstehe »die Gespräche in Budapest als einen zweiten Versuch nach den Gesprächen in Alaska, Präsident Putin endlich davon zu überzeugen, ernsthaft mit der Ukraine zu verhandeln.«
Zum Verhältnis zwischen der Türkei und der EU sagte Wadephul: »Mit Blick auf die geostrategische Lage wollen wir auch die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei stärken.« Er erkenne den Willen, »dass die Türkei sich ernsthaft in Richtung Europäischer Union bewegen will«. Dieser Weg sei »nicht leicht« und »nicht innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen oder Monaten zu absolvieren«.
Für eine eventuelle Aufnahme der Türkei in die EU gebe es »Aufgaben, die die Türkei zu erledigen hat« und »Aufgaben, die die Europäische Union zu erfüllen hat«, sagte der Bundesaußenminister. Die Türkei müsse etwa im Bereich der Menschenrechte Reformen angehen.
Der Frage, ob er auch innenpolitische Angelegenheiten wie die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters und Oppositionspolitikers Ekrem İmamoğlu angesprochen habe, wich Wadephul aus: »Wir sprechen freundschaftlich und offen über alle Fragen – auch über die Fragen, die zusammenhängen mit der Wertegemeinschaft der Europäischen Union.« Dabei betonte er: »Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sind Bedingungen der Europäischen Union, die uns am Herzen liegen.«
İmamoğlu ist der Rivale des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und wurde im März kurz vor seiner Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei CHP festgenommen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Auch in der Rüstungsindustrie setzt der deutsche Minister auf mehr Kooperation: »Man könnte fast fragen: Mit wem sonst sollen wir kooperieren, wenn nicht mit Nato-Partnern«, sagte Wadephul, verwies aber auch auf weitere Kriterien, die in jedem Einzelfall beachtet werden müssten. Die Türkei verfügt über die zweitgrößte Armee in der Nato und gilt als Hüterin von deren Ostflanke. Ankara hofft, mit seiner aufstrebenden Rüstungsindustrie zentraler Bestandteil der Verteidigungsarchitektur Europas zu werden. Das ist umstritten. Nach langem Ringen hatte die Bundesregierung im Sommer den Weg für den Export von Eurofighter-Kampfjets in die Türkei frei gemacht.
Beide Länder eine zudem das Ziel eines sicheren und stabilen Syriens, um eine freiwillige und sichere Rückkehr von Einwanderern zu ermöglichen. Die Türkei gilt als eine Hüterin der europäischen Außengrenze. Als direkter Nachbar Syriens kann das Land eine der zentralen Migrationsrouten unterbrechen.
Das Treffen markiert den Aufschlag eines neuen Kapitels in den deutsch-türkischen Beziehungen mit einer klaren Botschaft: Szenen wie etwa das starke Wortgefecht zwischen der damaligen Außenministerin Annalena Baerbock und ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu bei einem Treffen in der Türkei sollen der Vergangenheit angehören.