Die Schere zwischen Erzeugerpreisen und Verbraucherpreisen geht auseinander, die Gewinnspannen von Herstellern und Lebensmittelhändlern wachsen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der Monopolkommission. Sie warnt vor einer Machtkonzentration des Handels zulasten von Landwirten und Konsumenten.
Daten zeigen laut den Experten, dass in Deutschland Nahrungsmittelpreise in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen EU-Ländern viel schneller gestiegen sind. Die Landwirtschaft profitiere aber immer weniger von steigenden Verbraucherpreisen. So hätten sich etwa Milcherzeugnisse im Supermarkt in den vergangenen Jahren deutlich stärker verteuert als die Erzeugerpreise.
Umgekehrt kommen demnach Kostensenkungen den Verbrauchern nur unvollständig zugute. Während steigende Erzeugerpreise vom Handel schnell an Verbraucher weitergegeben werden, geben die Supermarktpreise wiederum bei sinkenden Erzeugerpreisen nicht in gleichem Maße nach, kritisieren die Gutachter.
Diese Entwicklungen seien typisch für oligopolistische Märkte, sagte Tomaso Duso, Vorsitzender der Monopolkommission. »Alles deutet auf eine geschwächte Wettbewerbssituation hin.«
Die Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel sei »in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen – nicht zuletzt durch zahlreiche Fusionen«, heißt es in dem Gutachten.
Die vier größten Einzelhändler – Edeka-Gruppe, Rewe-Gruppe, Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi-Nord und Aldi-Süd – verfügen über einen Marktanteil von rund 85 Prozent.
Die Experten fordern eine strengere Kontrolle künftiger Zusammenschlüsse und eine genaue Analyse bisheriger Fusionen. Die 2016 erfolgte Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka etwa habe negative Folgen gehabt. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte dem Deal entgegen dem Votum des Bundeskartellamts zugestimmt. »Der verbleibende Wettbewerb in den Lieferketten muss dringend geschützt werden«. Das Bundeskartellamt müsse die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen.
Händler werden zu Produzenten
Akuten Handlungsbedarf gebe es auch auf Ebene der Lebensmittelhersteller. Bei manchen Lebensmitteln hätten einzelne Unternehmen in Deutschland bereits »starke Marktmacht« – dieser Konzentrationsprozess dürfe sich nicht fortsetzen.
Problematisch ist aus Sicht der Monopolkommission, dass Händler durch Eigenmarken und eigene Produktionsstätten immer mehr auch als Hersteller aktiv sind. »Der Lebensmitteleinzelhandel rückt damit näher an die Landwirtschaft heran.« Dies berge das Risiko einer Machtverschiebung.
Trotz ihrer recht eindeutigen Analyse rät die Kommission nicht zur Entflechtung – also Unternehmen zu zerschlagen.
Stattdessen müssten bestehende Regeln konsequent angewendet werden. Hier seien die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und das Bundeskartellamt in der Pflicht. Es gebe zwar schon Gesetze gegen unfaire Handelspraktiken – Landwirte schreckten aus Sorge vor negativen Konsequenzen jedoch oft vor Meldungen und Beschwerden zurück.
Die Kommission fordert auch, dass sich Kriterien für Agrarsubventionen stärker an Produktivität, Innovation und Nachhaltigkeit ausrichten sollten.
Zugleich sprach sich die Kommission ausdrücklich gegen Mindestpreise oder Preisobergrenzen aus. Diese seien in der Praxis anfällig für die Einflussnahme durch Lobby‑ und Interessengruppen und erforderten einen hohen bürokratischen Aufwand. Das überwiege die potenziellen Vorteile eindeutig.
Die Untersuchung des Beratungsgremiums wurde 2024 von der damaligen Bundesregierung beauftragt. Hintergrund waren die Bauernproteste und gestiegene Lebensmittelpreise. Die Monopolkommission ist unabhängig und berät die Politik zu Wettbewerbspolitik, Wettbewerbsrecht und Regulierung.


