Nächtlicher Zwischenfall im Bundestag: Polizei-Einsatz bei Abstimmung

Nächtlicher Zwischenfall im Bundestag: Polizei-Einsatz bei Abstimmung

AfD-Abgeordnete sollen Saaldiener bei Abstimmung bedrängt haben: Polizeieinsatz kurz vor 0 Uhr im Bundestag

In der Nacht vom 13. auf den 14. November kam es zu einem Zwischenfall im Deutschen Bundestag

In der Nacht vom 13. auf den 14. November kam es zu einem Zwischenfall im Deutschen Bundestag

Berlin – Geschubse, Gedrängel und sogar ein Polizeieinsatz … Szenen, die an eine aus dem Ruder gelaufene Party erinnern, sollen sich vor zwei Wochen im Deutschen Bundestag zugetragen haben. Im Mittelpunkt des Tumults: Abgeordnete der AfD.

Bei einer namentlichen Abstimmung kurz vor Mitternacht des 13. November sollen sich Abgeordnete der Rechtsaußen-Partei demonstrativ vor den Urnen platziert haben – und so die Saaldiener, die dort üblicherweise stehen, bei ihrer Arbeit belästigt haben.

Dabei kam es laut Anwesenden zu Gedränge und Geschubse an den Urnen, die AfD-Zählposten sollen „robust“ aufgetreten sein. Die AfD widerspricht diesen Schilderungen.

Die SPD-Abgeordnete Annika Klose (33) berichtet auf Instagram von dem Zwischenfall. Demnach wurde auch die Polizei alarmiert.

Die Bundestagsverwaltung kann nichts zum konkreten Sachverhalt sagen, bestätigt jedoch auf BILD-Anfrage, „dass Beamte der Bundestagspolizei an besagtem Abend zu der namentlichen Abstimmung gerufen wurden“.

Hintergrund: Die AfD hatte gegen Mitternacht angezweifelt, dass der Bundestag beschlussfähig ist. Unausgesprochene Unterstellung: Die Abgeordneten der anderen Parteien wären um diese Zeit längst nicht mehr im Plenum und würden folglich ihr Mandat nicht ordentlich ausüben.

Damit das Parlament beschlussfähig ist, muss mehr als die Hälfte der Abgeordneten (316) im Sitzungssaal anwesend sein. Wenn das fraglich ist, kommt es üblicherweise zum sogenannten Hammelsprung. Bei dem Verfahren gehen alle anwesenden Abgeordneten durch drei Türen, die ihr Stimmverhalten zeigen sollen („Ja“, „Nein“, „Enthaltung“), und werden gezählt.

▶︎ Sind Abgeordnete beim Hammelsprung nicht anwesend, hat das für sie keine Konsequenzen. Anders bei einer namentlichen Abstimmung: Wer hier nicht mitstimmt, muss 200 Euro zahlen.

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Und genau eine solche namentliche Abstimmung beantragte die Unionsfraktion an besagtem Abend, nachdem die AfD ihre Zweifel geäußert hatte. So konnte die AfD nicht einfach durch ihre eigene Enthaltung eine Beschlussunfähigkeit des Bundestags provozieren – denn das wäre teuer geworden.

Warum die Aufpasser an den Urnen? „Im Rahmen dieser Abstimmung, die eine knappe halbe Stunde andauerte, hatten sich einzelne Abgeordnete der AfD in Sichtweite der Urnen aufgehalten, um einen Überblick über den Verlauf der Abstimmung zu gewinnen“, sagt Stephan Brandner (59), Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, auf BILD-Anfrage. Er behauptet: Zu Beginn der Abstimmung sei „festgestellt worden (…), dass mehrere Abgeordnete (…) mehrfach Karten einwarfen und dann schnell wieder in der Menge untertauchten“. Heißt konkret: Brandner unterstellt den anderen Fraktionen Betrug.

Ein schwerwiegender Vorwurf – den Brandner nach BILD-Informationen auch auf wiederholte Nachfrage im Ältestenrat nicht untermauern konnte.

Aus Kreisen des Ältestenrates heißt es zu BILD: „Jedes Mal, wenn man die AfD eines Regelbruchs überführt, redet sie sich mit einer absurden, größeren Lüge heraus.“

Nach BILD-Informationen hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner in der Sitzung des Ältestenrats am Donnerstag mit Blick auf Brandners Aussagen betont, „dass es dem Vertrauen in die Verfahren und dem Ansehen des Hauses schadet, solche Unterstellungen ohne wirkliche Anhaltspunkte zu äußern“.

▶︎ Anwesende berichten weiter aus der Nacht des Zwischenfalls: Als die AfDler gemerkt hätten, dass die Beschlussfähigkeit gegeben sei, seien sie selbst losgesprintet und hätten noch rasch ihre Karten eingeworfen, um der Strafzahlung zu entgehen.

Der Vorfall beschäftigt den Ältestenrat weiter und wird dort aufgearbeitet.

Dort hat Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (52, CDU) scharfe Worte für den Zwischenfall gefunden, erfuhr BILD: Das Verhalten der AfD bei dieser Abstimmung sei „nicht hinnehmbar gewesen“, und: „Was gar nicht gehe“, sei, „dass Kolleginnen des Plenarassistenzdienstes und weibliche Abgeordnete“ sich von den AfD-,Zählposten‘ bedrängt gefühlt hätten.

Konsequenz: Künftig sollen die Urnen bei namentlichen Abstimmungen zur Feststellung der Beschlussfähigkeit wieder IM Plenum aufgestellt werden – und die Wahlen „unter der Aufsicht der sitzungsleitenden Präsidenten“ stattfinden.

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