Die brasilianische Bundespolizei hat den ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro in Gewahrsam genommen, das teilte sein Anwalt der Nachrichtenagentur Reuters mit.
Damit endete der Hausarrest des Ex-Präsidenten, in dem er sich seit Ende August befand. Laut der Nachrichtenagentur AP wurde Bolsonaro auf Geheiß des Obersten Gerichts Brasilien in das Hauptquartier der Bundespolizei in der Hauptstadt Brasília gebracht.
Es handele sich dabei um eine präventive Festnahme aufgrund eines »konkreten Fluchtrisikos« und einer »Bedrohung der öffentlichen Ordnung«, teilte das Oberste Gericht (STF) mit.
Richter Alexandre de Moraes verwies auf Erkenntnisse der Bundespolizei: Kurz nach Mitternacht (Ortszeit) sei ein Vorfall bei Bolsonaros elektronischer Fußfessel registriert worden, der auf einen Versuch hindeutete, »das Gerät zu beschädigen«.
Beobachter waren davon ausgegangen, dass Bolsonaro in der kommenden Woche die 27-jährige Haftstrafe antreten könnte, zu der er wegen versuchten Staatsstreichs verurteilt wurde.
Kurz nach der präventiven Festnahme lehnte der Oberste Gerichtshof einen Antrag auf Hausarrest im Fall des versuchten Staatsstreichs ab. Angesichts der heute verhängten Maßnahme seien die Anträge der Verteidigung »hinfällig« geworden, zitierte unter anderem das brasilianische Nachrichtenportal »G1« Bundesrichter de Moraes.
Urteil zu 27 Jahren Haft
Bolsonaro wurde im September zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt, weil er einen Staatsstreich geplant hatte, der Brasiliens amtierenden Präsidenten Lula daran hindern sollte, sein Amt anzutreten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der erste Einspruch der Verteidigung wurde vom Gericht verworfen, weitere Rechtsmittel können noch bis Sonntag eingelegt werden. Deren Erfolg gilt aber als unwahrscheinlich.
Die Verteidigung des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro hatte zuletzt beim Obersten Gerichtshof beantragt, dass der Politiker seine wegen versuchten Staatsstreichs verhängte Strafe »aus humanitären Gründen« im Hausarrest verbüßen darf und auf die angeschlagene Gesundheit des 70-Jährigen verwiesen.
»Ein schwerer oder plötzlicher gesundheitlicher Zwischenfall ist nicht eine Frage des ob, sondern des wann«, zitierten mehrere Medien die Anwälte des Ex-Präsidenten.
Bolsonaros Gesundheit ist laut den Verteidigern »stark geschwächt«. So leide er unter anderem unter Lungeninfektionen, Gastritis, Hautkrebs und anhaltenden Schluckauf-Krisen. Als Präzedenzfall nannten die Anwälte den früheren Präsidenten Fernando Collor de Mello, der seine Strafe wegen Korruption aus gesundheitlichen Gründen in seiner Wohnung absitzen durfte.
Bereits vor zwei Jahren hatte Brasiliens oberstes Gericht ein Urteil gegen Bolsonaro verhängt: Es hatte ihn bis 2030 von der Kandidatur für ein Amt ausgeschlossen, nachdem das brasilianische Wahlgericht ihn wegen Amtsmissbrauchs während seiner Wiederwahlkampagne 2022 für schuldig befunden hatte.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es an einer Stelle irrtümlich, Brasiliens Ex-Präsident Lula sei festgenommen worden. Tatsächlich ist Lula der amtierende Präsident, bei der Festnahme ging es um seinen Vorgänger Bolsonaro.



