Er wurde von ihm »Petie« genannt: Der Labour-Politiker Peter Mandelson war offenbar mit dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein gut bekannt. Nach Enthüllungen über die enge Freundschaft der Männer wurde Mandelson am Donnerstag als britischer Botschafter in den USA entlassen. Doch mit dem Rauswurf ist die Affäre für die britische Regierung unter Premier Keir Starmer nicht beendet. Die zentrale Frage lautet nun: Wurde Mandelsons Beziehung zu Epstein ausreichend geprüft, bevor er zum Botschafter ernannt wurde?
Mehrere britische Medien veröffentlichten am Wochenende Details, die das Verfahren zumindest als fragwürdig erscheinen lassen. Demnach sei die Regierung schon Monate zuvor gewarnt worden, dass es riskant sei, Mandelson zum Botschafter zu machen, so die »Times«. Mandelson sei ohne angemessene Prüfung im Dezember ernannt worden, meldete der »Telegraph«. Starmers Regierung habe sich mit einer oberflächlichen Befragung und einem »dürftigen zweiseitigen Dossier« zufriedengegeben.

Labour-Politiker Mandelson: E-Mails an den Sexualstraftäter Epstein
Foto: Jonathan Brady / empics / picture alliance
Mandelsons Zeit als Botschafter in Washington währte nur kurz. Er wurde im Dezember 2024 ernannt, trat sein Amt im Februar 2025 an. Am Donnerstag wurde er entlassen. Denn vergangene Woche waren E-Mails aufgetaucht, die belegen, dass Mandelson auch noch Kontakt mit Epstein nach dessen erster Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs hatte. Die »Sun« und die Nachrichtenagentur Bloomberg veröffentlichten die E-Mails am Mittwochabend.
»Bester Kumpel« Epstein
»Ich halte sehr viel von dir und bin fassungslos und wütend über das, was passiert ist«, schrieb Mandelson im Sommer 2008. So etwas könne in Großbritannien niemals geschehen. »Du musst unglaublich stark sein, um für eine vorzeitige Entlassung zu kämpfen und dabei so gelassen wie möglich bleiben«, empfahl er Epstein.
Zudem hatten die Demokraten in den USA am Montag ein Album mit Geburtstagsgrüßen an Epstein veröffentlicht, das 2003 entstanden sein soll. Ein Schreiben mit zweideutigen Anspielungen soll von Trump stammen, die US-Regierung dementiert das. In diesem Band bezeichnete Mandelson Epstein in einer handschriftlichen Notiz als »meinen besten Kumpel«.
Starmers Regierung verteidigte sich bislang mit Verweis darauf, dass erst die neuen Informationen das problematische Verhältnis der Männer gezeigt hätten. Die E-Mails offenbarten, dass »die Tiefe und das Ausmaß der Beziehung von Peter Mandelson zu Jeffrey Epstein sich erheblich unterscheiden von dem, was zum Zeitpunkt seiner Ernennung bekannt« gewesen sei, erklärte das Außenministerium.
Unangenehme Fragen vor dem Trump-Besuch
Doch mit dieser Erklärung geben sich offenbar auch hochrangige Politiker nicht zufrieden. Für die Regierung von Starmer wächst sich die Affäre Mandelson zur Krise aus. Abgeordnete und Minister hinterfragen Starmers Urteilsvermögen. Unklar erscheint vielen auch, warum Starmer Mandelson am Mittwoch noch verteidigt hatte.
Mandelsons Abgang kommt für die Downing Street ohnehin zu einem äußerst heiklen Zeitpunkt, vergangene Woche trat Starmers Stellvertreterin Angela Rayner nach einer Steueraffäre zurück. US-Präsident Donald Trump reist am Dienstag zum Staatsbesuch an , er selbst sieht sich mit kritischen Fragen zu seiner Freundschaft mit Epstein konfrontiert.
Von der »schlimmsten Woche unter Starmers Führung« schreibt die »Sunday Times« – auch weil nun immer neue Details öffentlich werden über den Umgang der Regierung mit Mandelson vor seiner Ernennung.
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Die BBC berichtet, dass das Ethikteam des Kabinettsbüros vor der Ernennung beauftragt wurde, eine Dossier für den Premierminister zu erstellen, das Informationen über die Verbindungen zwischen Mandelson und Epstein enthielt.
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Laut »Telegraph« handelte es sich um ein Zwei-Seiten-Dossier, das lediglich öffentlich zugängliche Informationen enthielt – also kein Versuch einer tieferen Recherche unternommen wurde.
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Nach Prüfung des Dossiers bat Starmer den Berichten zufolge, dass Mandelson drei konkrete Fragen beantworten solle. Der Stabschef des Premierministers, Morgan McSweeney, sandte Mandelson diese Fragen zu. Diese Fragen lauteten der BBC zufolge: Warum hielt er nach Epsteins Verurteilung weiterhin Kontakt zu ihm? Warum soll er sich in einem von Epsteins Häusern aufgehalten haben, während Epstein im Gefängnis saß? Und stand er in Verbindung mit einer von Epsteins Vertrauter Ghislaine Maxwell gegründeten und von Epstein unterstützten Wohltätigkeitsorganisation? Mit den Antworten gab man sich damals offenbar zufrieden. Mitarbeiter aus dem Büro von Premier Starmer gehen laut BBC nun davon aus, dass Mandelson bei seinen Antworten auf die drei Fragen »sparsam mit der Wahrheit umgegangen« sei.
Die lange Karriere des Peter Mandelson
Der Labour-Politiker Mandelson war während der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens mehrere Jahre lang EU-Handelskommissar. Zudem hatte er mehrere Ministerämter in Großbritannien inne. Wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft musste er 1998 als Industrie- und Handelsminister sowie 2001 als Nordirland-Minister zurücktreten.

Protestplakat gegen Trump und Epstein in London: »Sparsam mit der Wahrheit umgegangen«
Foto: Isabel Infantes / REUTERS
Der verurteilte Sexualstraftäter Epstein war 2019 erhängt in seiner Gefängniszelle in New York aufgefunden worden. Ihm war vorgeworfen worden, zahlreiche Mädchen und junge Frauen missbraucht und an Prominente weitergereicht zu haben. Ein erstes Mal wurde der gut vernetzte Multimillionär bereits 2008 wegen Sexualverbrechen verurteilt, musste im Zuge einer umstrittenen Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft aber nur 13 Monate in Haft verbringen.
Epstein hatte über Jahre mit bekannten Größen aus Politik und Gesellschaft verkehrt. In den Fall Epstein ist auch der britische Prinz Andrew verstrickt. In einem internen Bericht der Bank JP Morgan von 2019 hieß es, dass Epstein »eine besonders enge Beziehung zu Prinz Andrew und Lord Peter Mandelson zu haben scheint«.