»Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Todesursache Nummer eins weltweit.« Das sagt irgendwann eine Ärztin zu einer der Kommissarinnen in diesem »Tatort«, der wohl nicht nur ein Thriller mit hohem Tempo sein soll, sondern auch einer mit hoher Relevanz. Wie aber soll einem beim Zuschauen der Puls hochgehen, wenn unentwegt Sätze fallen, die auch in der »Apotheken Umschau« stehen könnten?
Das Drehbuchteam hat es sich aber auch wirklich nicht leicht gemacht: Als Plot-Treiber hat es das technisch komplizierte Thema der implantierten Defibrillatoren (ICD) gewählt, also jene digitale Gerätschaften, die bei Herzrhythmusstörungen schützen sollen.
Gleich im Intro sehen wir, wie Menschen – jung und alt, weiblich und männlich – beim Skateboardfahren und Gassigehen, beim Yoga und beim Radeln zusammenbrechen. Offensichtlich gab es eine Cyberattacke auf die Anlage eines Zürcher ICD-Herstellers. Die Sache ist tückisch: Die Menschen kollabieren nicht alle auf einmal, sondern in Intervallen, so als gäbe es da einen Algorithmus, der über Tod und Leben entscheidet.
Zuletzt erschöpften die Verantwortlichen des Schweizer »Tatorts« das Publikum im Juni mit einem abstrus zugespitzten Fall aus der Zürcher Frisierzunft. Nach dem Haarwahnsinn folgt nun der Herz-Kreislauf-Terror (Buch: André Küttel, Petra Ivanov, Regie: Barbara Kulcsar). Dabei wird versucht, mit großzügigem Gebrauch von Splitscreens und fliegenden Kitteln auf der Kardiologie das Gefühl vom Wettlauf gegen die Zeit noch mal zu verstärken. Vergeblich.
Weil die ganze Zeit Wissen und Halbwissen draufgeschafft werden muss, kann sich einfach kein Tempo einstellen – egal, wie oft und wie plakativ auf irgendwelchen Bildschirmen digitale Ziffern aufleuchten. Überhaupt das Zahlenwerk! Parallel zum Kardiologie- und Informatik-Blitzstudium muss dann auch noch die ganze Zeit gerechnet werden, weil die Täterin oder der Täter offensichtlich einen Mathe-Fimmel hat. 317 Millionen Franken in Kryptowährung fordert sie oder er vom Hersteller. Na, wenn das mal keine tiefere (oder auch nur konstruierte) Bedeutung hat.
Dann doch lieber noch eine Szene aus der »Apotheken Umschau«: Sitzt einer der zwielichtigen Biotech-Unternehmer bei seinem Bruder in der Intensivstation, weil dem all der Defibrillatoren-Trouble auf die Pumpe geschlagen hat. Der besorgte Bösewicht referiert so fahl wie fachkundig: »So wie es aussieht, hast du Papas Herzkranzgefäße geerbt.«
Bewertung: 3 von 10 Punkten
»Tatort: Kammerflimmern«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste