Heutiger Bayern-Coach
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Transferverhandlungen können zäh, langwierig und voller Stolpersteine sein. Profis wollen ihren Wechsel zu ihrem Wunschklub mitunter erzwingen und nehmen dafür reichlich Ärger mit ihrem aktuellen Arbeitgeber in Kauf, verspielen Kredit bei den Fans oder sorgen bei ihren Vorgesetzten für Verwunderung. Transfermarkt blickt auf Transfers der Vergangenheit, die von lauten Nebengeräuschen geprägt waren – aus aktuellem Anlass mit einer neuen Folge!
Vor seinem Wiedersehen mit dem Hamburger SV hat Bayern Münchens Cheftrainer Vincent Kompany verraten, warum er den HSV vor 17 Jahren unbedingt verlassen wollte – und dies dann auch tat. „Ich war so sauer“, schilderte der Belgier vor dem Spitzenspiel seines Teams in der Bundesliga am Samstag (18:30 Uhr/Sky) gegen die Hanseaten. Gleiches galt damals aber auch seinen früheren Klub.
Der HSV hatte das Defensivtalent im Sommer 2008 vorzeitig von Olympia zurückbeordert, obwohl seine Nationalmannschaft bei den Sommerspielen in Peking um die Medaillen spielte. Zu allem Überfluss setzte ihn Trainer Martin Jol dann im Eröffnungsspiel in München, das 2:2 endete, zunächst nur auf die Bank. „Ich habe gesagt: Das geht nicht! Mein Land spielt im Halbfinale bei Olympia… Und ich darf nicht spielen“, schilderte 39-Minuten-Joker Kompany die Lage. Er erinnerte sich daran, dass andere Bundesligaspieler bis zum Schluss bei Olympia auflaufen durften.
Von einer allerdings zuvor getroffenen Vereinbarung hatte der junge Kompany plötzlich nichts mehr wissen wollen. „Ich möchte gerne das ganze Turnier bleiben“, ließ er zu jener Zeit wissen. Der HSV hatte die Möglichkeit, ihn nach dem zweiten Vorrundenspiel zurückzuholen, hieß es. Der sonst so besonnene Sportchef Dietmar Beiersdorfer wütete laut „Bild“ für seine Verhältnisse: „Wenn Vincent nicht zurückkehren sollte, werden wir uns Dienstag mit unserem Juristen beraten und gegebenenfalls entsprechende Schritte einleiten.“ Währenddessen distanzierte sich der belgische Verband von seinem Spieler, denn dieser habe „eigenmächtig entschlossen, mit der Mannschaft bei den Spielen in China zu bleiben“. Murrend soll Kompany angesichts der ihm drohenden Olympia-Sperre schließlich eingelenkt haben.
Kompanys HSV-Abschied: Auch Einwand von Papa half nichts
„Das war für mich aus Prinzip inakzeptabel“, betonte der Belgier an diesem Freitag mit Blick auf die Geschehnisse. „Aber es gab nur eine Person im Verein, die dafür gesorgt hat.“ Nach der damaligen Partie, bei der der HSV übrigens zum bislang letzten Mal in München punktete, habe Kompany noch am Flughafenhotel in München entschieden, nicht mehr für Hamburg zu spielen. „Ich weiß, dass es ein super Verein ist. Aber aus Prinzip bin ich weg.“ Er sei dabei auch von seinem Vater, der auf einen Verbleib beim HSV drängte, nicht umzustimmen gewesen.
Kompany machte seinem Ärger über seinen Arbeitgeber, der ihn zurückbeordert hatte, damals in der Öffentlichkeit Luft und schimpfte: „Ich werde dargestellt, als hätte ich eine Abmachung nicht eingehalten. Es gab eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem HSV und dem belgischen Verband. Meine Abmachung war, dass man die sportliche Situation analysieren wird.“
Kompany ging für 8,5 Millionen Euro zu Manchester City, wo er durchstartete, zu einem internationalen Top-Verteidiger aufstieg, jahrelang das Kapitänsamt innehatte und vier Meistertitel und acht Pokalsiege feierte. 2012 erreichte der 1,90 Meter große Kompany den höchsten Marktwert seiner Karriere mit einer Taxierung von 35 Mio. Euro. 2020 beendete er seine aktive Laufbahn, um als Trainer beim RSC Anderlecht einzusteigen: „Ich möchte mich voll und ganz meiner Rolle als Coach widmen und dafür brauche ich 100 Prozent meiner Zeit. Deshalb höre ich als Profifußballer auf.“
Vincent Kompany machte 360 Spiele für Man City und wurde u.a. viermal Meister in der Premier League. Mit Belgien nahm der Verteidiger an den Weltmeisterschaften 2014 und 2018 teil – in Russland schafften die „Red Devils“ sogar Platz 3
Der Ex-Profi sagte nun zu seiner Entscheidung pro Man City im Jahr 2008. „Ich habe keine schlechte Wahl getroffen.“ Zwei Jahre zuvor hatten die Rothosen das belgische Defensiv-Juwel für 10,5 Mio. Euro von dessen Ausbildungsklub Anderlecht verpflichtet, als Nachfolger für den damals nach München gewechselten Abwehrchef Daniel van Buyten.
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Vincent Kompany
Trainer
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Trotz des unglücklichen Abschieds habe er seine zwei Jahre beim HSV als „warm“ in Erinnerung, erzählte Kompany. „Die Zeit in Hamburg war auch persönlich nicht einfach, aber zur gleichen Zeit auch sehr schön“, erzählte der 39-Jährige. „Meine Mutter ist in dieser Zeit gestorben, meine Schwester hatte auch Krebs. Ich war verletzt, Achillessehnenriss, neun Monate. Es war nicht einfach, aber trotzdem habe ich viele Freunde bekommen in Hamburg, viel bekommen vom Verein, viel Unterstützung auch. Für mich ist immer eine Verbindung geblieben.“ Kompany stand für den HSV 51-mal auf dem Platz und kam dabei zu vier Toren und einer Vorlage.
10,5-Millionen-Euro-Einkauf Vincent Kompany lief für den HSV zwischen 2006 und 2008 insgesamt 51-mal auf, darunter dreimal in der Champions League
Kühle Worte von HSV-Boss Hoffmann: Kompany hat Erwartungen nicht erfüllt
Sportchef Beiersdorfer hatte den 20 Jahre alten Verteidiger nach seiner Verpflichtung mit warmen Worten empfangen: „Vincent ist ein Spieler, der etwas ganz Besonderes hat. Wir haben seine Entwicklung seit langem verfolgt und freuen uns, dass er sich für den HSV entschieden hat. Er hat seine Klasse trotz seiner Jugend sowohl in der belgischen Liga, in der Champions League als auch in der Nationalmannschaft eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“ Der Neuzugang selbst sagte einst: „Ich bin glücklich, dass der Wechsel zum HSV geklappt hat. Die Verantwortlichen haben mir in den Gesprächen ein sehr gutes Gefühl vermittelt. Ich möchte mit der Mannschaft in der Bundesliga und international weiter für positive Ergebnisse sorgen.“
Als sein Verkauf nach Manchester im August 2008 in trockenen Tüchern war, erklärte HSV-Präsident Bernd Hoffmann: „In den zwei Jahren, die er hier war, konnte er seine eigenen und unsere Ansprüche nicht erfüllen. Es ist der richtige Schritt für beide Seiten.“ Mit der erzielten Ablöse sei man „sehr zufrieden“ – wenngleich der HSV 2 Mio. Euro weniger bekam, als er selbst für Kompany auf den Tisch gelegt hatte. All das kann der Bayern-Trainer inzwischen mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen.
Teil 1 | Niko Kovacs Wechsel vom HSV zum FC Bayern 2001
Teil 2 | Heiko Herrlichs Transfer von Borussia M’gladbach zum BVB 1995
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Teil 4 | Der Wechsel des kleiner geratenen França zu Hannover 96 im Winter 2013
Teil 5 | Als ein Fax Choupo-Motings Transfer zum 1. FC Köln verhinderte
Teil 6 | Als ein Praktikant Stürmer Zidan zu Besiktas lotsen sollte
Teil 7 | Als sich Bayern wegen Götze bei Adidas entschuldigen musste
Teil 8 | Aílton & Krstajic weg: Als Werder wegen Schalke kochte
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