Am frühen Morgen des 5. März erhitzte ein Mann Olivenöl in einer Pfanne, ging ins Schlafzimmer und übergoss seine schlafende Partnerin mit dem heißen Öl. Danach rief er den Rettungsdienst und ging betrunken zur Polizei. Dort sagte er aus, er habe »Scheiße gebaut«. Nun hat das Frankfurter Landgericht den 51-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Außerdem muss er unter anderem knapp 11.000 Euro Schadensersatz und 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Die Frau hatte durch die Tat schwere Verbrennungen zweiten Grades auf 18 Prozent ihrer Körperoberfläche erlitten. Ihr Gehör ist dauerhaft geschädigt. Sie war wochenlang im Krankenhaus und musste mehrfach operiert werden. Weil sie zwar für ihr Leben gezeichnet, aber nicht dauerhaft entstellt ist, sah das Gericht den ursprünglichen Vorwurf der Anklage – schwere Körperverletzung – nicht erfüllt.
Richterin: »Einmalige Entgleisung«
14 Jahre waren der Künstler und die Musikerin zuvor ein Paar gewesen, hatten gemeinsam in einer Wohnung in Frankfurt am Main gelebt. Die Richterin beschrieb den Ölangriff nun als »das tragische und erschütternde« Ende einer ehemals harmonischen Beziehung. Dass die Frau eine Affäre hatte, habe der Mann als »tiefe narzisstische Kränkung« empfunden. Er habe sich in ein »paranoides Erleben« hineingesteigert und in einem »psychischen Ausnahmezustand« eine »einmalige Entgleisung« begangen.
In seinen letzten Worten vor Gericht sagte der Angeklagte mit erstickter Stimme: »Es tut mir unendlich leid.« Bei der Tat »habe ich neben mir gestanden«. Ein Gutachter attestierte ihm narzisstische Persönlichkeitszüge. Im Prozess sagte er, er habe die Frau über die Maßen geliebt, warf ihr aber auch vor, ihn manipuliert und misshandelt zu haben. Zeitweise lebte er in einem Männerschutzheim.
Die Staatsanwältin und die Vertreterin der Nebenklage warfen dem Angeklagten Lügen und Verleumdungen vor. Im Prozess habe er eine »Täter-Opfer-Umkehr betrieben«. Die Frau habe als Musiklehrerin sein komplettes Leben finanziert. In dem Männerheim habe er lediglich eine weitere kostenlose Unterkunft gesucht. Um seine sadistischen Neigungen auszuleben, habe er sexuelle Beziehungen auch zu anderen Frauen gehabt. Das gab der Mann in dem Prozess zu.
Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte auf eine Bewährungsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens.
Die Rechtsanwältin Christina Clemm vertritt Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Sie fordert eine speziell geschulte Polizei, die weiß, welche Fragen sie in solchen Fällen stellen muss. Das SPIEGEL-Interview lesen Sie hier.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war ein Foto eines Gerichtsgebäudes in Frankfurt (Oder) zu sehen. Wir haben das Bild ausgetauscht.



